Sollten Juristen kennen: Zehn wich­tige Urteile des BVerwG aus 2019

von Hasso Suliak

11.12.2019

6/10 DDR-Flüchtlinge können rehabilitiert werden

In einer Dezembernacht 1988 überwinden zwei Brüder aus der DDR die Grenze zur Bundesrepublik. Die Flucht nach West-Berlin gelingt nur knapp. Einer der Brüder ist seitdem traumatisiert. Sein Anwalt beantragte für den heute 56-Jährigen beim brandenburgischen Innenministerium eine Entschädigung. Die Behörde lehnte ab. Auch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Potsdam blieb ohne Erfolg. 

Das BVerwG entschied nun aber, dass er rehabilitiert werden kann. Die Maßnahmen, mit denen an der früheren Grenze der DDR ein Übertritt verhindert werden sollte, waren rechtsstaatswidrig. Eine gesundheitliche Schädigung, die jemand infolge dieser Maßnahmen erlitten hat, kann verwaltungsrechtlich rehabilitiert werden, entschied das Leipziger Gericht im Juli 2019 (Urt. v. 24.07.2019, Az. 8 C 1.19).

Das VG hatte bei seiner Ablehnung argumentiert, die Grenzsicherung der DDR habe sich nicht individuell gegen den Flüchtenden gerichtet. Vielmehr dürfte sie abstrakt generell gegen die gesamte DDR-Bevölkerung gerichtet gewesen sein. Zudem bestehe kein Anspruch auf berufliche Rehabilitierung, da keine Nachteile erkennbar seien. 

Das BVerwG sah das aber anders. Die zur Verhinderung eines bestimmten Grenzübertritts ausgelösten Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR waren nach Auffassung der Leipziger Richter hoheitliche Maßnahmen, die sich konkret und individuell gegen den Betroffenen - hier den Kläger - richteten. "Sie waren rechtsstaatswidrig, weil sie in schwerwiegender Weise gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit und der Verhältnismäßigkeit verstießen und Willkürakte im Einzelfall darstellten", so die Leipziger Richter. 

Zitiervorschlag

Sollten Juristen kennen: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39177 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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