2/10 Eine Verspätung ist kein freiwilliger Prüfungsabbruch
Mit einem aufsehenerregenden Fall aus der Welt des Juraexamens hatte sich das BVerwG im Februar zu befassen. Er betraf eine Bielefelder Studentin bei ihrem letzten Versuch der ersten Juristischen Prüfung: Am Tag der mündlichen Prüfung war sie unentschuldigt verspätet zum Prüfungsgespräch mit den anderen Teilnehmern erschienen, das bereits seit fünf Minuten lief. Es wurde der jungen Frau verwehrt, nachträglich, z.B in einer Pause, in die Prüfung einzusteigen.
Das Landesjustizprüfungsamtes (LJPA) erklärte ihre staatliche Pflichtfachprüfung daraufhin für nicht bestanden und verwies dazu auf § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 des Juristenausbildungsgesetzes (JAG) NRW. Danach fällt durch, wer ohne genügende Entschuldigung den Termin für die mündliche Prüfung nicht bis zu ihrem Ende wahrnimmt.
Die angehende Juristin wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Mit Erfolg. Am Ende stellte das BVerwG klar: Wegen weniger Minuten Verspätung zum Prüfungsgespräch hätte das LJPA sie nicht gleich durchfallen lassen müssen. Schließlich unterlägen landesrechtliche Vorschriften, die im Rahmen von berufsbezogenen Prüfungen Sanktionen vorsehen, nach dem Maßstab des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) strengen Anforderungen, was ihre Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit angeht. Bei verfassungskonformer Auslegung erfasse die betreffende Vorschrift im JAG nur solche Situationen, in denen ein Kandidat aus eigenem Entschluss aus der Prüfung aussteige.
Das BVerwG hob somit den Bescheid des LJPA NRW auf und ändert die Urteile der Vorinstanzen ab (Urt. v. 27.02.2019, Az. 6 C 3.18). Die Studentin konnte durchatmen. Und ihre Prüfung wiederholen.
Sollten Juristen kennen: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39177 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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