06/10 Monogamie kein Teil der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
Ein Syrer, der hierzulande zwischenzeitlich als Bauingenieur arbeitete und eine deutsche Frau heiratete, verschwieg bei seiner Einbürgerung eine in Damaskus geschlossene Zweitehe. Deutscher kann er laut BVerwG (Urt. v. 29.05.2018, Az. 1 C 15.17) trotzdem werden.
Die Frage, wer Deutscher werden darf, ist in Zeiten hitziger Einwanderungsdebatten politisch aufgeladen. Im landläufigen Verständnis ist die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft nämlich nicht nur eine Formalie, sie ist für viele auch Ausdruck gemeinsamer Werte und von ideeller Zugehörigkeit. Und tatsächlich sieht auch das Gesetz dies so.
Einbürgerung funktioniert in Deutschland über mehrere Schienen, darunter z. B. die sogenannte privilegierte Einbürgerung als Ehegatte eines deutschen Staatsbürgers. Personen, die einen Deutschen heiraten, "sollen" nach dem Gesetz auch Deutsche werden dürfen, wenn, so verlangt es § 9 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), "gewährleistet ist, daß sie sich in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen". Jenseits dessen kann auch eingebürgert werden, wer eine Reihe anderer Voraussetzungen erfüllt, darunter etwa einen gesicherten Lebensunterhalt, ausreichende Sprachkenntnisse, Aufgabe der vorigen Staatsbürgerschaft und - dieser Tage gern zitiert - ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung nachweisen kann.
Zu letzterer gehört aber nicht die Monogamie, wie das BVerwG entschied. Denn auch wenn er mit zwei Frauen verheiratet sei: Ein glaubhaftes Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung könne der Mann dennoch abgeben, befand das BVerwG. Die beiden Begriffe seien schließlich nicht gleichzusetzen: Gegenüber den "deutschen Lebensverhältnissen", die relativ weit ausgelegt werden könnten, sei die Umschreibung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung enger zu ziehen.
Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 21.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32881 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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