Präsidentenposten am OVG NRW: Lim­bach startet Beset­zungs­ver­fahren von vorne

15.11.2024

Die Neubesetzung der Präsidentenstelle am OVG NRW beschäftigt seit Jahren Politik und Gerichte. Jetzt geht es von vorne los: Justizminister Limbach zieht nach Kritik auch des Bundesverfassungsgerichts Konsequenzen.

In der Affäre um die umstrittene Besetzung der Spitze des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) wird das Verfahren neu aufgerollt. Das kündigte Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) in Düsseldorf an. Es müsse eine neue Auswahlentscheidung getroffen werden, die einer neuen Beurteilung aller Bewerber bedürfe, sagte Limbach in Düsseldorf. Das Kabinett werde am Dienstag die bisherige Auswahlentscheidung aufheben. "Der nächste Anlauf muss sitzen", sagte Limbach. Bei der Erstellung der Beurteilung für die bisher erfolgreiche Kandidatin habe es "beachtliche Fehler" gegeben. Das ärgere ihn.

Zuvor war diese Beurteilung für die bereits ausgewählte Kandidatin aufgehoben worden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass dabei ein Formfehler unterlaufen sei, hatte Innen-Staatssekretärin Daniela Lesmeister mitgeteilt. Sie habe veranlasst, dass die Richtlinien für die Beurteilung einer umfassenden Prüfung unterzogen und präzisiert würden. Lesmeister steht selbst in der Kritik.

Das OVG NRW hat seit drei Jahren keinen Präsidenten – und seit Anfang November auch keinen Vizepräsidenten mehr. Seinen letzten Arbeitstag vor dem Ruhestand hatte der bisherige Vizepräsident Sebastian Beimesche am 5. November.

BVerfG stoppte Besetzungsverfahren

Im Rennen um den Präsidentenposten sind derzeit noch drei Bewerberinnen und Bewerber. Auf die Frage, ob die bisher erfolgreiche Bewerberin zurückziehen sollte, sagte Limbach: "Es ist nicht meine Aufgabe, Ratschläge zu geben. Jeder und jede wird für sich prüfen, ob er im Verfahren bleibt oder nicht."

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte die Besetzung des seit über drei Jahren vakanten Postens gestoppt, da eine sachwidrige Vorfestlegung des Ministers zugunsten seiner Favoritin nicht ausgeschlossen sei (Beschl. v. 07.08.2024, Az. 2 BvR 418/24). LTO berichtete. Ein unterlegener Bewerber hatte Verfassungsbeschwerde erhoben. 

Gutachten: Beurteilung war rechtswidrig

In der vergangenen Woche war ein Gutachter im Auftrag der Landtagsopposition zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beurteilung der Kandidatin rechtswidrig war. Der Gutachter hatte kritisiert, dass die Beurteilung der Kandidatin mit Bestnoten ausschließlich durch Staatssekretärin Lesmeister erfolgt sei, die lediglich zwei Monate Vorgesetzte der Beurteilten gewesen sei. Dies widerspreche der einschlägigen Richtlinie.

Lesmeisters Amtsvorgänger Jürgen Mathies, der als Vorgesetzter immerhin gut zwei Jahre lang die Arbeitsleistung der Bewerberin als Abteilungsleiterin beobachten konnte, war nach eigener Aussage nicht dazu befragt worden. Dieser rechtliche Mangel führe zur Rechtswidrigkeit des Auswahlvermerks und des Kabinettsbeschlusses, so der Gutachter.

Auch Untersuchungsausschuss prüft umstrittene Besetzung

Auch ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Landtags beschäftigt sich derzeit mit der umstrittenen Besetzung. Es steht der Verdacht im Raum, dass Parteibuch und Beziehungen den Ausschlag bei der Besetzung gegeben hätten – und nicht die Kompetenz der Bewerber. Zeugen hatten im Ausschuss ausgesagt, dass die Kandidatin auf Grundlage ihrer Beurteilung an ihren männlichen Mitbewerbern vorbeigezogen sei. 

Nach Eilanträgen unterlegener Bewerber hatten zunächst das Verwaltungsgericht (VG) Münster und dann das VG Düsseldorf das Besetzungsverfahren gestoppt. Das Gericht in Münster hatte dabei scharfe Kritik geäußert und dem Justizministerium "manipulative Verfahrensgestaltung" vorgeworfen.

Das OVG NRW als nächste Instanz hatte dann keine durchgreifenden Bedenken gesehen, wurde aber vom BVerfG angewiesen, den Fall noch einmal genauer zu prüfen. Für Ende November und Anfang Dezember waren hier Erörterungstermine anberaumt. Jetzt zog Justizminister Limbach schon vorher Konsequenzen und das Besetzungsverfahren beginnt von vorne. Limbach geht davon aus, dass dieses Eilverfahren nun eingestellt wird.*

dpa/fkr/LTO-Redaktion

*Satz ergänzt am Tag der Veröffentlichung, 14:30 Uhr (Red.).

Zitiervorschlag

Präsidentenposten am OVG NRW: . In: Legal Tribune Online, 15.11.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55873 (abgerufen am: 15.11.2024 )

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