9 - Polen: Vollstreckung des europäischen Haftbefehls
Europäische Haftbefehle müssen doch selbstverständlich von einem Mitgliedstaat vollstreckt werden? Könnte man meinen, nicht aber im Jahre 2018. Ein solcher Haftbefehl aus Polen, dem Land, das mit der Erweiterung im Jahre 2004 Mitglied der EU wurde, darf nur nach einer sorgfältigen Prüfung vollstreckt werden. Die Justizbehörden der Mitgliedstaaten müssten über ein zweistufiges Verfahren sicherstellen, ob den Betroffenen in Polen ein faires Verfahren erwarte, befanden die Luxemburger Richter (Urt. v. 25.07.2018, Az. C-216/18 PPU).
Zunächst müsse abstrakt-generell geklärt werden, ob in Polen etwa aufgrund mangelnder Unabhängigkeit der Gerichte eine "echte Gefahr" bestehe, dass das Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzt werde. Im zweiten Schritt sei zu prüfen, "ob es unter den gegebenen Umständen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme gibt, dass die gesuchte Person nach ihrer Übergabe einer solchen Gefahr ausgesetzt sein wird".
Dazu müsse das zuständige Gericht, in diesem Fall ein irisches, die nötigen Informationen einholen: Wirken sich die systemischen Mängel im polnischen Justizsystem konkret-individuell zum Nachteil des Betroffenen aus und erleidet dieser eine Verletzung seines Grundrechts auf ein unabhängiges Gericht? Damit werde dann der Wesensgehalt seines Grundrechts auf ein faires Verfahren angetastet und der Mitgliedstaat dürfe den Europäischen Haftbefehl eines anderen Mitgliedstaates nicht vollstrecken.
Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 18.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32795 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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