EuGH zu bekanntem "Vitra-Stuhl": Ein­heit­li­cher Schutz für Kunst­werke in der EU

24.10.2024

Kunstwerke aus Drittstaaten müssen in der EU genauso geschützt werden wie Werke von Künstlern aus EU-Mitgliedstaaten. Das entschied der EuGH in einem Fall, bei dem es um einen berühmten Stuhl vom Designer Vitra ging.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssen Kunstwerke, die innerhalb der EU ausgestellt oder verkauft werden, schützen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Werke von Künstlern aus der EU oder aus Drittstaaten stammen. Diese Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Rechtsstreit zwischen dem Schweizer Möbelhersteller Vitra und dem niederländischen Unternehmen Kwantum getroffen (Urt. v. 24.10.2024, Az. C-227/23).

Der Rechtsstreit zwischen Vitra und Kwantum

Im Zentrum des Falls steht der "Dining Sidechair Wood", ein Stuhl, der von den berühmten US-Designern Charles und Ray Eames entworfen wurde. Dieser Stuhl entstand im Rahmen eines Designwettbewerbs des Museums of Modern Art in New York und wird von der schweizerischen Firma Vitra vermarktet, die die Rechte an den Entwürfen der Eames hält.

Der niederländische Möbelhändler Kwantum hatte allerdings einen Stuhl mit dem Namen "Paris-Stuhl" auf den Markt gebracht, der dem "Dining Sidechair Wood" sehr ähnlich war. Vitra sah hierin eine Verletzung ihrer Urheberrechte und klagte vor den niederländischen Gerichten. Der Oberste Gerichtshof der Niederlande legte dann dem EuGH die Frage vor, ob Werke aus Drittstaaten, wie den USA, in der EU denselben Schutz genießen wie Werke aus der Union.

Die angewandte Kunst und Berner Übereinkunft

Konkret wollte der niederländische Oberste Gerichtshof vom EuGH klären lassen, ob ein EU-Mitgliedstaat die sogenannte "Klausel der materiellen Gegenseitigkeit" aus der Berner Übereinkunft anwenden darf. Die Berner Übereinkunft ist ein internationales Abkommen, das den urheberrechtlichen Schutz von literarischen und künstlerischen Werken regelt. Sie stellt sicher, dass Werke in den Mitgliedstaaten der Übereinkunft anerkannt und geschützt werden, unabhängig von ihrer Herkunft. Ein zentrales Prinzip der Berner Übereinkunft ist die Gleichbehandlung von in- und ausländischen Werken, was bedeutet, dass ein Werk, das in einem Mitgliedstaat geschützt ist, auch in anderen Mitgliedstaaten den gleichen Schutz genießen sollte.

Die Übereinkunft enthält jedoch auch spezielle Regelungen für Werke der angewandten Kunst, wie Designermöbel. In einigen Ländern können diese Werke nur dann Schutz genießen, wenn sie im Herkunftsland als Kunstwerke anerkannt sind und nicht lediglich als Modelle oder Muster.

Der EuGH entschied jedoch, dass EU-Staaten diese Klausel nicht anwenden dürfen, wenn es um Werke aus Drittstaaten wie den USA geht. Das liegt daran, dass die EU-Richtlinie 2001/29 vorschreibt, dass alle Werke, die in der EU Schutz beanspruchen, gleich behandelt werden müssen, unabhängig vom Ursprungsland. Eine Ausnahme, wie sie die Berner Übereinkunft vorsieht, würde dem Ziel der Richtlinie widersprechen, ein einheitliches Urheberrecht im Binnenmarkt zu schaffen.

xp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zu bekanntem "Vitra-Stuhl": . In: Legal Tribune Online, 24.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55700 (abgerufen am: 27.10.2024 )

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