Für das Recht in 2016: Ein Jahr­hun­dert­rück­blick

von Martin Rath

01.01.2016

1936 – Nulla poena sine lege stand nicht allzu hoch im Kurs

Zwangssterilisation und Volksgerichtshof, Todesstrafe für Kleindiebstahl und Rassengesetze gegen jüdische Deutsche – die Brutalität und Absurdität des Rechts im NS-Staat lassen b sich an vielen bekannten Beispielen illustrieren. Aber manchmal tut es auch der böse Mann im Wald.

Seit dem 1. September 1935 drohte § 292 Strafgesetzbuch "gewerbs- und gewohnheitsmäßigen" Wilderern "Gefängnis nicht unter drei Monaten, in besonders schweren Fällen… Zuchthaus bis zu fünf Jahren an". Vorher kannte das StGB nur einen Strafrahmen von bis zu drei Monaten Gefängnis.

Doch was tun, wenn der böse Mann im Wald nach dem 1. September 1935 nur eine einzige Wilderei-Tat begangen hatte, in der Zeit davor aber "gewohnheitsmäßig" in fremdem Forst den Wildtieren nachgestellt hatte? Mit Urteil vom 6. Februar 1936 (Az. 3 D 23/36) bestätigte das Reichsgericht eine Verurteilung durch das Schwurgericht Hannover, die Zeiten vor dem Sommer 1935 einbezogen hatte. Nulla poena sine lege stand nicht allzu hoch im Kurs.

Hermann Göring, unter dessen zahllosen Ämtern auch die des Reichsforstmeisters und des Reichsjägermeisters waren, wird es gefallen haben, dass das Reichsgericht mit dem Verbrecher im Walde so harsch aufräumte. Seiner selbst konnte sich erst zehn Jahre später die Justiz der alliierten Siegermächte annehmen.

Bild: Bundesarchiv, Bild 146-1979-145-04A / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Zitiervorschlag

Martin Rath, Für das Recht in 2016: . In: Legal Tribune Online, 01.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18008 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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