Sollte man kennen: Zehn wich­­tige BFH-Ent­schei­dungen in 2022

von Stefan Schmidbauer

02.01.2023

Kein Steu­er­pri­vileg mehr für Sport­ve­r­eine

Deutschlands Sportvereinen droht nach einem Grundsatzurteil des BFH das Ende eines traditionellen Steuerprivilegs. Entgegen der bisher von den Finanzämtern geübten Praxis sind Angebote von Sportvereinen an ihre Mitglieder gegen allgemeine Mitgliedsbeiträge "steuerbar", entschied der Fünfte Senat des Gerichts im April dieses Jahres (Urt. v. 21.04.2022, Az. V R 48/20). Demnach komme es "durch die nunmehr versagte Steuerbefreiung zu einer Umsatzsteuerpflicht".

Sportvereine müssen also damit rechnen, "dass die Rechtsprechung ihre Leistungen an Mitglieder ohne Berufungsmöglichkeit als umsatzsteuerpflichtig ansieht". Gesetzgeberisch lösen könnte der Bund dies nach Einschätzung des BFH durch eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes. Im konkreten Fall ging es um einen Golfclub, doch das Urteil hat Bedeutung über diesen Einzelfall hinaus. 

Fitnessstudios standen schlechter da als Vereine

Ob und inwieweit die Steuerprivilegien von Sportvereinen noch angemessen sind, wird nicht nur von Steuerjuristen seit Jahren diskutiert. Ein maßgeblicher Grund ist die Grauzone zwischen traditionellem Vereinsleben und Kommerz. So beschweren sich etwa Betreiber von Fitnessstudios und Kletterhallen, dass sie Umsatzsteuer berechnen und an das Finanzamt abführen müssen, sehr ähnliche Vereinsangebote und -kurse jedoch steuerbefreit sind.

Der Golfclub hatte abgesehen von seinen Mitgliedsgebühren noch allerlei zusätzliche Gebühren von seinen Mitgliedern kassiert, unter anderem für die Benutzung des Platzes, das Ausleihen von Golfbällen für das Training mit Ballautomat oder die Teilnahme an Turnieren und Veranstaltungen. Ähnlich wie der Golfclub verlangen in Deutschland auch viele andere Sportvereine Eintritt für die Benutzung ihrer Anlagen sowie Gebühren für Kurse.

Im Fall des Golfclubs berechnete das örtliche Finanzamt Umsatzsteuer für diese "gesondert vergüteten Leistungen", verlor jedoch in der ersten Instanz. In zweiter Instanz änderte der BFH seine bisherige Rechtsprechung. Als rechtliche Grundlage des sportlichen Steuerprivilegs dienten bislang unter anderem die europäischen Vorschriften der sogenannten Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Diese soll eine einheitliche Handhabung der Umsatzsteuer in der EU sicherstellen.

Der BFH rief deswegen im Revisionsverfahren den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Dieser entschied, dass eine Berufung auf die Steuerfreiheit nach der Richtlinie nicht möglich ist. In der Folge rückte nun auch der BFH von der Privilegisierung für die Sportvereine ab.

Zitiervorschlag

Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 02.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50430 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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