Welche Argumente zieht der Gesetzgeber heran, um Änderungen im Strafrecht zu begründen? Genauer gesagt: Was rechtfertigt die in den vergangenen Jahrzehnten – fast ausnahmslose – Ausweitung und Ergänzung der Tatbestände, die Erhöhung der Sanktionen?
In ihrer Dissertation "Strafgesetzgebung in der Spätmoderne. Eine empirische Analyse legislativer Punitivität" untersuchte Christina Schlepper die Gesetzgebungsprozesse der 8. bis 15. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags auf die vorherrschenden Argumentationsmuster.
Eine Konjunktur wechselnder Stärke hat etwa das Schlagwort von der "Strafbarkeitslücke" erlebt, auch die "Abschreckung" erfuhr ein etwas diskontinuierliches Wachstum im Schriftgut, das in den Gesetzgebungsprozessen gewälzt und nun von Schlepper ausgewertet wurde.
Als Hintergrund für die wechselnden Begründungsphrasen wird eine Tendenz zur sogenannten Punitivität in Betracht gezogen, zu Deutsch etwa: ein Anstieg der Straflust, die möglicherweise auf eine neoliberale Neuordnung der westlichen Gesellschaften zurückzuführen sei. Von dieser Tendenz könne sich auch die deutsche Rechtspolitik nicht freisprechen, wenn man sie – nicht zuletzt in populären Medien – natürlich zuvörderst in den USA und Großbritannien sehen möchte.
Christina Schlepper: "Strafgesetzgebung in der Spätmoderne. Eine empirische Analyse legislativer Punitivität", Dissertation, Universität Hamburg, 2014. Wiesbaden (Springer VS) 2014.
Martin Rath, Aktuelle rechtswissenschaftliche Dissertationen: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18689 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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