Sollte man kennen: Sieben wich­tige BVerwG-Ent­schei­dungen aus 2022

von Hasso Suliak

29.12.2022

Keine Alleingänge der Länder bei Aufnahme von Flüchtlingen

Dürfen die Länder eigenmächtig aus humanitären Gründen Flüchtlinge aufnehmen? 2020 stritt der Berliner Senat mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) über 300 Menschen aus dem griechischen Lager Moria – das BVerwG traf im März eine Grundsatzentscheidung (Urt.v. 15.03.2022, az. 1 A 1.21) und beantwortete die Frage mit "Nein".

Die Bilder aus Moria gingen damals um die Welt, das Lager auf der griechischen Insel Lesbos, ursprünglich für 3.000 Menschen gedacht, war völlig überfüllt. Im Frühjahr 2020 lebten dort schätzungsweise 20.000 Menschen, die Bedingungen waren katastrophal. Im September 2020 brannte das Lager, die Situation spitzte sich noch mehr zu. Das Land Berlin wollte die Menschen aufnehmen, das BMI zeigte jedoch die "Rote Karte".

Grundsätzlich können die Länder nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen einer bestimmten Gruppe von Ausländern eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Allerdings muss das BMI "zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit" dazu sein Einvernehmen erteilen.

Im konkreten Fall war die Versagung des Einvernehmens durch das BMI laut BVerwG rechtmäßig. Das AufenthG eröffne der obersten Landesbehörde mit der Befugnis zur gruppenbezogenen Aufnahme von Ausländer:innen aus humanitären Gründen ein weites politisches Ermessen.

Dass es allerdings durchaus möglich ist, Flüchtlinge aus humanitären Gründen aufzunehmen und die Kapazitäten größer sind als gedacht, zeigte sich im März 2022 in der Hilfsbereitschaft von Bund, Ländern und EU bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine.

Zitiervorschlag

Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 29.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50593 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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