1/6: Kaum Leitlinien für eine neue Bundesnotbremse
Eigentlich hatte man das ganze Jahr über darauf gewartet, dass das BVerfG etwas Grundsätzliches zu den Corona-Maßnahmen des Bundes sagt. Am 30. November war es dann so weit: Der 1. Senat verkündete seine Entscheidung zur sogenannten Bundesnotbremse – und erklärte die Schulschließungen und die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen "in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie" für mit dem Grundgesetz vereinbar (Beschlüsse v. 30.11.2021, Az. 1 BvR 781/21, 1 BvR 971/21 u.a.).
Die Karlsruher Richterinnen und Richter bewerteten allerdings die Lage im April. Nun, am Ende des zweiten Pandemiejahres sieht es – mit höheren Impfquoten, aber auch Rekordinzidenzen und einer neuen Virusvariante – schon wieder ganz anders aus. Wer sich klare Grenzen für die Pandemiepolitik oder zumindest deutliche Hinweise an den Gesetzgeber erhofft hatte, wurde enttäuscht.
Die Entscheidungen enthielten aber dennoch viel Stoff für Diskussionen. Die Schulschließungen hatte das BVerfG zwar im Ergebnis für verfassungsgemäß erachtet, dabei aber auch zum ersten Mal ein "Recht auf schulische Bildung" entwickelt. Das wird nicht nur für die weitere Pandemiebekämpfung eine Rolle spielen, sondern auch darüber hinaus wirken.
Scharf kritisiert wurde vor allem, dass die Karlsruher Richterinnen und Richter sogar die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen abgesegnet hatten – als Teil eines Gesamtmaßnahmenpaketes. Ebenfalls umstritten: Dass es keine durchgreifenden Bedenken gegen die Ausgestaltung der Bundesnotbremse als selbstvollziehendes Gesetz gab. Der Staatsrechtler Oliver Lepsius sah darin gar "zerstörerisches Potential für den Verfassungsstaat".
Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47019 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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