Auf 20.000 Mark belief sich das Bankdarlehen von Sylvia Farrenkopf, zurückzuzahlen in 47 Monatsraten. Ausgezahlt wurden der 19-jährigen Frau jedoch nur 12.000 Mark, die Differenz wurde für Zinsen, Vermittlerprovision und eine Kreditausfallversicherung vereinnahmt. Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied 1979 in einem aufsehenerregenden Urteil, dass der Kreditvertrag wegen der Wucherzinsen sittenwidrig, also nichtig sei.
Dass der Mensch an sich zu dumm ist, um gewisse Risiken einzuschätzen, zum Beispiel die Belastung durch Zinsen – sogar dann, wenn sie explizit beziffert werden –, lernt jeder Banklehrling im ersten Ausbildungsjahr und mancher BWL-er im Studium.
Rolf Bender (1923-2007), einer der Richter hinter dem Stuttgarter Urteil, brachte zusammen mit Armin Nack die moderne Glaubwürdigkeits- und Beweislehre, also das notwendige Mindestmaß an psychologischer Fachkunde und erkenntnistheoretischer Ökonomie auf den juristischen Bücher- und Fortbildungsmarkt.
Richter, die einem Denken folgen, das von der herrschenden Meinung und der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs oder der anderen Bundesgerichte abweicht – sicher kein Grund, Heldenmut zu feiern. Aber dass derlei oft zu beobachten ist, mag man auch nicht behaupten.
Martin Rath, Einflussreich, jedenfalls bemerkenswert: . In: Legal Tribune Online, 11.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18070 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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