Josef, der Scheinvater Christi
Verletzt es religiöse Gefühle, den heiligen Josef als Scheinvater eines Kuckuckskindes zu bezeichnen?
Im zu Ende gehenden Jahr 2016 war in Deutschland wieder einmal fast obsessiv von Religion und religiösen Gefühlen die Rede. Drängende Fragen bleiben undiskutiert. Zum Beispiel hängt ein ehemaliger Erzbischof von Köln der Idee nach, ob durch seine Schwimmbewegungen das Wasser im Schwimmbad zu Weihwasser würde. Stattdessen immer bloß: Muslimische Bekenntnistextilien vor Gericht.
Die Frage nach der Kuckuckskindsscheinvaterschaft Josefs zählt zu den unbeachteten Themen. Seit 1955 verehrt die katholische Kirche den "Ziehvater" Christi an jedem 1. Mai als "Josef den Arbeiter". Als Versuch, den Kampftag der Arbeiterklasse zu okkupieren, scheint das zu plump. Möglicherweise erkannte der Papst jedoch schon damals, worauf es beim Scheinvater ankommt: arbeiten zu müssen, um für den Unterhalt zu sorgen.
Bereits nüchterne Ausführungen eines Mannes dazu, dass das streitbefangene Kind "untergeschoben" sei, und Erörterungen zur Statistik des "Kuckuckskindes" wurden vom Amtsgericht Unna mit Ordnungsmitteln bedroht. Das Oberlandesgericht Hamm rüffelte es dafür. Mithin sollte es keine Beleidigung sein, den heiligen Josef als Scheinvater zu bezeichnen.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 17.01.2007 (Az. 11 WF 1/07)
Martin Rath, Weihnachten: . In: Legal Tribune Online, 26.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21581 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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