Sollte man kennen: Acht wich­tige EuGH-Ent­schei­dungen 2023

von Dr. Max Kolter

03.01.2024

Schufa-Scoring verstößt gegen Datenschutz-Vorgaben

Wie im Fall Deutsche Wohnen geht es auch im folgenden Fall um den Datenschutz von (angehenden) Mietern, aber auch von Bankkunden und Käufern, die in Raten zahlen wollen. Es geht um das Schufa-Scoring, das im schnelllebigen Rechtsverkehr eine fixe und vertrauenswürdige Bonitätsprüfung potenzieller Vertragspartner ermöglicht. Aus dem Rechtsverkehr ist das Schufa-Scoring eigentlich nicht wegzudenken. Nach einem Urteil des EuGH vom 7. Dezember (Az. C-634/21) muss die Wirtschaftsauskunftei ihre Praxis nun allerdings anpassen.

Die Vorlage des Verwaltungsgerichts (VG) Wiesbaden betraf die Frage, ob das Scoring eine "ausschließlich auf einer automatisierten [Daten-]Verarbeitung beruhende Entscheidung" ist, die dem Betroffenen gegenüber "rechtliche Wirkung entfaltet oder [ihn] in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt". Denn eine solche ist nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO regelmäßig nur zulässig, wenn das Gesetz sie ausdrücklich erlaubt oder der Betroffene einwilligt. Der Gedanke dahinter: Verbraucher sollen negative (Rechts-)Folgen nicht allein aufgrund einer automatisierten Datenverarbeitung erleiden – oder noch zugespitzter: Ihr Schicksal im Rechtsverkehr soll nicht allein von Künstlicher Intelligenz (KI) abhängen.

Die Schufa hielt die Regelung für nicht anwendbar. Sie setze voraus, dass der Akteur, der die Datenverarbeitung verantwortet (hier die Schufa), und derjenige, der die darauf beruhende "Entscheidung" trifft (Kreditgeber, Vermieter, Verkäufer), identisch sind.

Das allerdings sah der EuGH anders: Er bejahte einen Verstoß gegen die DSGVO, wenn das Scoring eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung über einen Vertragsschluss spielt. Das VG muss nun prüfen, ob das deutsche Recht eine gültige Ausnahme gemäß Art. 22 Abs. 2 DSGVO enthält und ob auch die übrigen DSGVO-Vorschriften eingehalten worden sind. Stefan Schmidbauer hat die Urteilsgründe und Reaktionen zusammengefasst. Da Verbraucherschützer das Urteil begrüßten und sich die Schufa zugleich gelassen zeigte, hat LTO die Prozessvertreter beider Seiten zu den praktischen Folgen zu Wort kommen lassen. Worin Schufa-Vertreter Prof. Dr. Gregor Thüsing ein "Problem" für KI-basierte Entscheidungen sieht, das begrüßt Klägervertreter Dr. Raphael Rohrmoser als "Stärkung des Faktors Mensch".

Die 2018 in Kraft getretene DSGVO macht dem EuGH viel Arbeit: Auch im nächsten Fall spielen der Datenschutz und die auf der Sammlung von Daten beruhende wirtschaftliche Macht eine Rolle. Es geht – na klar – um Facebook.

Zitiervorschlag

Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 03.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53541 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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