4/5: Was Politiker noch sagen dürfen müssen
Eine echte Überraschung war die Entscheidung nicht. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) durfte die AfD zwar als "staatszersetzend" bezeichnen – das dazugehörige Interview hätte aber nicht auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht werden dürfen. Das hat das BVerfG im Juni entschieden (Urt. v. 09.06.2020, Az. 2BvE 1/19). Die Karlsruher Richterinnen und Richter blieben damit bei der Linie, die sie schon in zwei Entscheidungen zu Äußerungen der Ex-Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) und der Ex-Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) angelegt hatten. Person, Politik und Regierungsamt müssen getrennt werden – zumindest formal.
Schon bei der mündlichen Verhandlung hatte Andreas Voßkuhle als Vorsitzender des Zweiten Senats gesagt, der Fall sei "in seiner rechtlichen Dimension überschaubar". Bei der Urteilsverkündung führte er aus, die Chancengleichheit der Parteien sei immer dann verletzt, "wenn Inhaber eines Regierungsamtes die Autorität des Amtes und die mit ihm verbundenen Mittel und Möglichkeiten in spezifischer Weise nutzen, um zielgerichtet zugunsten oder zulasten einer politischen Partei am Meinungskampf mitzuwirken".
Ob das Urteil aber als Äußerungs-Anleitung bei der Bundesregierung angekommen ist, scheint nicht so klar. Die AfD reichte gegen Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Ministerpräsidentenwahl von Thomas Kemmerich (FDP) in Thüringen Organklage beim BVerfG ein: Merkels Äußerungen wurden auch auf der Internetseite der Kanzlerin veröffentlicht. Mittlerweile sind sie dort gelöscht worden.
Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43814 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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