1957 – "Reichsbürger" in den (völligen) Wahnsinn treiben?
Das 1914 aufgesetzte Testament des Landwirts Wilhelm B. und seiner Gattin Luise setzte Sohn Hinrich Karl B. als Erben, dessen Söhne als Nacherben ein, wohl schon mit Blick darauf, dass Ersterer – ohne die Beschränkungen des Vorerben-Status – den Hof an seine Alkoholsucht verlieren könnte.
Mit Urteil vom 16. April 1931 stellte das Landgericht Oldenburg fest, dass der Freistaat Oldenburg den Söhnen des Hinrich Karl alle Schäden zu erstatten habe, die durch einen Fehler beim Ausstellen des Erbscheins entstehe: Wilhelm und Luise waren 1921 und 1925 verstorben, im Erbschein war versäumt worden, die Nacherben einzutragen, der später wegen Trunksucht entmündigte Hinrich Karl B. belastete Haus und Hof mit Schulden.
Der Bundesgerichtshof befasst sich in seinem Urteil vom 20. Mai 1957 (Az. III ZR 118/56) ausführlich mit der Frage, ob das Staatshaftungsgesetz des Großherzogtums Oldenburg vom 22. Dezember 1908, das eine dreijährige Verjährungsfrist für geschädigte Dritte gegenüber dem Staat vorsah, anzuwenden ist.
Eine hübsche Diskussion entfaltet der BGH zur Frage, ob oldenburgisches Staatshaftungs-recht nach § 549 Zivilprozessordnung seiner Revision unterliegt: Weil der NS-Staat 1937 die vormals zu Oldenburg gehörenden Gebiete Lübeck und Birkenfeld an Preußen übertragen hatte, galt das Staatshaftungsrecht des inzwischen vom Land Niedersachsen abgelösten Freistaats Oldenburg nicht mehr allein im Gerichtssprengel des Oberlandesgerichts Oldenburg.
Für die paradoxe Therapie von "Reichsbürgern" zur Lektüre in der Langversion zu empfehlen.
Martin Rath, Jahrhundert-Rückblick: . In: Legal Tribune Online, 01.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21627 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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