Sollte man kennen: Sechs BVerfG-Ent­schei­dungen, die 2017 Deut­sch­land ver­än­dert haben

von Annelie Kaufmann

29.12.2017

5/6 Die NPD ist zu unwichtig zum Verbieten

Die am heftigsten umstrittene Entscheidung traf der Zweite Senat gleich zu Anfang des Jahres: Die NPD wird nicht verboten, weil sie ohnehin zu schwach ist, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen (Urt. v. 17. Januar 2017, Az. 2 BvB 1/13)

Erst zweimal hat das BVerfG in der Geschichte der Bundesrepublik ein Parteiverbot ausgesprochen: 1952 wurde die Sozialistische Reichspartei (SRP) verboten, 1956 die Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).

Nun erklärten die Karlsruher Richter, die NPD vertrete "ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept." Sie wolle die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten "Volksgemeinschaft" ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen. Ihr politisches Konzept missachte die Menschenwürde und sei mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Und sie arbeite "auch planvoll und mit hinreichender Intensität" auf diese Ziele hin.

Aber: Es sei derzeit nicht absehbar, dass dieses Handeln zum Erfolg führen könne. Das BVerfG fügte den Voraussetzungen für ein Parteiverbot damit das Kriterium der "Potentialität" hinzu. Das heißt, es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch erreichen kann.

Die Länder waren damit erneut mit dem Versuch gescheitert, die NPD verbieten zu lassen. Der Bundestag reagierte mit einer Änderung des Grundgesetzes: Parteien, die darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wenn man die NPD nicht verbieten kann, will man sie jedenfalls nicht mehr finanzieren.

Zitiervorschlag

Annelie Kaufmann, Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 29.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26221 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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