Weil eine Achtklässlerin mehrfach E-Zigaretten an ihre Mitschüler verkaufte, wurde sie von ihrer Schule geschmissen und an eine andere geschickt. Zu Recht, entschied das VG Kassel, auch wenn ein Schulwechsel gerade für Teenager belastend ist.
Dass sich Teenager in der Schule mal danebenbenehmen und deshalb nachsitzen müssen, ist nichts Außergewöhnliches. Dass der Verkauf von E-Zigaretten an minderjährige Mitschüler aber keine bloße Lappalie ist, die sich durch ein paar Stunden Nachsitzen wiedergutmachen lässt, stellte das Verwaltungsgericht (VG) Kassel jetzt klar. Verkauft ein Schüler E-Zigaretten an seine Mitschüler, so gefährdet dieser deren Sicherheit. Wird man deshalb an eine andere Schule verwiesen, kann das rechtmäßig sein, entschied das Gericht (Urt. v. 02.02.2024, Az. 7 K 911/23.KS).
In dem Fall ging es um eine Achtklässlerin, die von ihrer Klassenlehrerin dabei erwischt wurde, wie sie E-Zigaretten an ihre Mitschüler veräußerte. Kurz darauf beantragte die Klassenkonferenz erfolgreich bei der Schulleitung, das Mädchen in den gleichen Bildungsgang einer anderen Schule zu überweisen. Dagegen legte die Schülerin Widerspruch ein mit der Begründung, dass es sich nur um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe, das Ausmaß der Konsequenzen für sie nicht ersichtlich gewesen sei und sie gar nicht gewusst habe, dass sie mit dem Verkauf der E-Zigaretten eine Grenze überschreite.
Nach Ansicht der Schülerin hätte es deswegen vorrangig pädagogischer Maßnahmen bedurft, wie etwa klärender Gespräche oder schriftlicher Androhungen. Insbesondere eine Überweisung an eine andere Schule wäre ihrer Auffassung nach zuvor schriftlich anzudrohen gewesen. Alles in allem habe die Schule ihr Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt.
Die Schule wies den Widerspruch jedoch zurück und somit landete die Sache vor dem VG.
VG: Die Schülerin wusste genau, was sie tut
Dass es sich nur um einen einmaligen Vorfall gehandelt haben soll, glaubte das Gericht der Schülerin nicht. Das machte das VG vor allem daran fest, dass die Schülerin beim Erwischtwerden durch die Lehrerin einen Zettel dabeihatte, aus dem sich ergab, dass sie mehrere E-Zigaretten mit sich geführt hatte.
Auch wollte das Gericht nicht glauben, dass für die Schülerin nicht ersichtlich gewesen ist, dass sie mit dem Verkauf der E-Zigaretten eine Grenze überschritt. Denn ihrer Klassenlehrerin gegenüber gab die Schülerin laut Gericht wahrheitswidrig an, dass ihre Mutter alle E-Zigaretten gekauft habe. Tatsächlich hatte die Mutter gegenüber der Klassenlehrerin aber nur zugegeben, dies einmal getan zu haben, jedoch nicht öfter. Daraus schloss das Gericht, dass die Schülerin gewusst hat, dass alle Verkäufe, die über dieses eine Mal hinausgingen, so nicht hätten stattfinden dürfen.
Ein gleich geeignetes, milderes Mittel ist laut Ansicht des VG auch nicht ersichtlich. Der Schülerin sei bereits in der Vergangenheit mit der Verhängung von Ordnungsmaßnahmen schriftlich gedroht worden, was sie jedoch nicht von weiteren Regelverstößen abgehalten habe. Daher ist laut Gericht auch nicht davon auszugehen, dass eine schriftliche Androhung gleich wirksam von weiteren Verstößen abhält.
Ordnungsmaßnahme muss andere Mitschüler abschrecken
Wenn davon auszugehen ist, dass die Anwendung von pädagogischen Maßnahmen nicht ausreicht, dann können Ordnungsmaßnahmen nach § 82 Abs. 11 Hessisches Schulgesetz (HSchG) i. V. m. § 65 Abs. 4 S. 2 Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses (VOGSV) auch unmittelbar verhängt werden. Daher bedurfte es hier laut Gericht auch keiner schriftlichen Androhung, wie die Schülerin gefordert hatte.
Eine bloße schriftliche Androhung hätte laut VG darüber hinaus auch keine Abschreckungsfunktion nach Außen entfalten können. Das sei aber gerade wichtig, um Mitschüler von einer Nachahmung abzuhalten. Durch eine schriftliche Abmahnung würde der Verstoß der Schülerin nur bagatellisiert und ihr Verhalten an Vorbildfunktion gewinnen, argumentierte das Gericht.
Zwar erkannte das Gericht, dass der Schulwechsel gerade für einen Teenager mit diversen Belastungen verbunden ist. Jedoch habe die Schülerin dies durch ihr Verhalten selbst herbeigeführt, sodass die Ordnungsmaßnahme auch verhältnismäßig sei.
Die Entscheidung der Schuldbehörde ist laut dem VG Kassel also weder ermessensfehlerhaft noch unangemessen, die Klage der Schülerin demnach erfolglos. Diese muss sich nunmehr an ihr neues schulisches Umfeld gewöhnen.
xp/LTO-Redaktion
VG Kassel bestätigt Schulverweis: . In: Legal Tribune Online, 15.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53882 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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