Über Twitter rief ein Politiker der Grünen im Landtagswahlkampf dazu auf, einen Friseursalon aus der Region zu meiden. Er verwies darauf, dass der Friseur Mitglied der AfD ist, und setzte noch eine bissige Bemerkung hinzu: "Man weiß nie, wo die Schere ansetzt". Nach einem Urteil des OLG Dresden von Dienstag darf er das auch.
"Ab sofort empfehle ich, nicht mehr zum Friseur [...] in [...] zugehen. Inhaber ist ein #AFD ler. Man weiß nie, wo die Schere ansetzt." - so lautete der Boykottaufruf des Grünenpolitikers im sächsischen Wahlkampf. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden sieht diesen in seinem Urteil von Dienstag (Az: 4 U 1676/14) als von der in Art. 5 Grundgesetz (GG) grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit gedeckt an. Damit hob es die Entscheidung des Landgerichts (LG) Leipzig auf, das den Politiker zur Unterlassung verurteilt hatte.
Nach Ansicht des 4. Zivilsenats des OLG Dresden begründe die Empfehlung, die Dienstleistung des Klägers nicht mehr in Anspruch zu nehmen, keinen rechtswidrigen Eingriff in dessen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Senat bezieht sich dabei auf ältere Rechtsprechung zur Zulässigkeit von wirtschaftlich uneigennützigen Boykottaufrufen im öffentlichen Meinungskampf (Urt. v. 22.06.1982, 1 BvR 1376/79).
Die Äußerung, der Kläger sei Mitglied der AfD, sei eine wahre Tatsachenbehauptung, deren Verbreitung nicht untersagt werden könne. Der Satz: "Man weiß nie, wo die Schere ansetzt." stelle keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, sondern eine sarkastische und in zulässiger Form zugespitzte Äußerung im Wahlkampf.
ms/LTO-Redaktion
OLG Dresden zu Boykottaufruf im Wahlkampf: . In: Legal Tribune Online, 06.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15460 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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