Bekanntlich kann man die Endung "recht" hinter so gut wie jedes Substantiv hängen, und hat ein Tätigkeitsfeld, das sich irgendwer auf die Visitenkarte druckt. Pferderecht? Check. Oldtimerrecht? Check. Zombierecht? Aber sicher doch. Die lebenden Toten sind sogar ein veritables Forschungsfeld, zu dem schon Aufsätze verfasst, Gesetze eingebracht und Kanzleien gegründet wurden.
Wer in der Lehre etwas werden will, muss forschen, und das heißt: schreiben. Auch, wenn es eigentlich nichts zu sagen gibt, weil längst alles gesagt ist. Keine Frage zu theoretisch oder uninteressant, um nicht in einem juristischen Fachaufsatz besprochen zu werden. Umso erstaunlicher, dass ein hochbrisantes Problem noch bis in die jüngere Vergangenheit unbehandelt blieb: Die Zombieapokalypse. Besonders aus steuerrechtlicher Sicht.
Todesmutig in die Bresche springt der Juraprofessor Adam Chodrow von der Arizona State University mit seinem 2012 veröffentlichten Aufsatz "Death and Taxes and Zombies". Und stellt gleich zu dessen Anfang die vermeintlich größte Gewissheit des Rechtssystems und des Lebens überhaupt in Frage:
Heretofore, the only things certain in life have been death and taxes. But what if death weren’t quite so certain?
Eben, was dann? Der amerikanische Gesetzgeber jedenfalls habe sich auf den unwahrscheinlichen aber möglichen Fall einer Zombiapokalypse bislang völlig unzureichend vorbereitet:
The United States stands on the precipice of a financial disaster, and Congress has done nothing but bicker. Of course, I refer to the coming day when the undead walk the earth, feasting upon the living.
"Of course." Es folgt dann, wie sich das für eine wissenschaftlich saubere Arbeit gehört, erst einmal eine lange Definition dessen, was ein Zombie eigentlich ist, inklusive historischer Herleitung aus den Wurzeln haitianischer Voodookultur. Wer meint, ein solches Werk könne kaum nüchtern entstanden sein, liegt offenbar richtig:
To date, it does not appear that the cocktail "The Zombie" turns people into zombies, though this author continues to test that hypothesis.
Die gesamte Arbeit ist sachlich verfasst, stringent argumentiert und gründlich mit Fußnoten versehen. Dabei dient dem Autor die Zombie-Frage in erster Linie nicht als Allegorie, um irgendein tatsächliches Problem des amerikanischen Steuerrechts zu erörtern – so wie es etwa ein Berufskollege mit einem Songtext von Jay-Z getan hat –, sondern vielmehr als Groteske, die aufzeigt, in welche verqueren Richtungen sich juristische Argumentationsstränge entwickeln, wenn man nur eine hinreichend abwegige Hypothese an den Anfang stellt. Damit kann der Aufsatz jedenfalls für sich in Anspruch nehmen, der erste und einzige Text auf Erden zum Steuerrecht zu sein, der sich unterhaltsam liest – nicht nur für Zombiefans. Wer Lust bekommen hat, der kann sich die 25 Seiten im Volltext zu Gemüte führen, in denen Probleme wie etwa das folgende besprochen werden:
What happens if the dead return in an altered state—that is, as zombies? Even though zombies are likely to be considered alive under most state-law definitions, it seems a stretch to consider a flesh-eating automaton to be the same person as the Nobel laureate he once was. In some real sense, the laureate has died, even if his body and some part of his brain live on. Thus, it seems possible that the law could deem the zombie alive, without necessarily affecting the status of the original as dead; the zombie could be considered a new being. But, what if the zombie retains some or all of the memories and personality of the original person? Put differently, how much of the original person should be gone before we decide that the zombie is not the same person? Such questions are not easily answered.
Constantin Baron van Lijnden, Zombies im Recht: . In: Legal Tribune Online, 31.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13661 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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