Korruptionsbekämpfung: Die Bilanz der großen Koa­li­tion

von Prof. Dr. Sebastian Wolf, LL.M. Eur.

06.10.2017

In Sachen Antikorruptionspolitik hat die GroKo mehr geschafft, als sie öffentlichkeitswirksam vermarkten konnte. Das habe vor allem an einer Partei gelegen, kommentiert Sebastian Wolf von Transparency Deutschland. Und am Fehlen einer anderen.

Die Antikorruptionspolitik hat interessanterweise im Bundestagswahlkampf kaum eine Rolle gespielt. Dabei hätten sich Union und SPD durchaus mit gewissen rechtspolitischen Erfolgen brüsten können. Dass sie das nicht öffentlichkeitswirksam taten, liegt möglicherweise daran, dass manch einschlägige Reform jahrelang auf sich warten ließ und dann von Bundesregierung und Bundestag als eher lästige Angelegenheit abgearbeitet wurde.

Der großen Koalition gelang in der zu Ende gehenden Legislaturperiode unter anderem endlich eine Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung. Viele Jahre lang hatten die Parlamentarier eine entsprechende Neuregelung in dieser sie selbst betreffenden heiklen Angelegenheit verschleppt. Durch die Reform konnte Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption aus dem Jahr 2003 als einer der letzten Staaten weltweit ratifizieren. Neben einigen Unionspolitikern hatte sich vor allem die FDP (solange sie im Bundestag vertreten war) vehement gegen eine strafrechtliche Neufassung der Mandatsträgerbestechung gewehrt.

Der von manchen befürchtete politische Missbrauch einer verschärften Strafnorm ist bislang ausgeblieben. Bisher hat die Vorschrift wohl auch nicht zu gravierenden Beschränkungen der Freiheit der Abgeordneten, zu grassierender Rechtsunsicherheit oder anderen Missständen geführt, aber auch nicht zu nennenswert mehr Verurteilungen – was möglicherweise für Schwächen des neugefassten § 108e Strafgesetzbuch (StGB) spricht.

Was kam: Anti-Korruption in Business, Gesundheitswesen und der Politik

Verschärft wurde auch der Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB). Damit kam die Bundesrepublik nach vielen Jahren einschlägigen Vorgaben der EU und des Europarats nach. Als wohl letzter Mitgliedstaat des Europarats konnte Deutschland so das Strafrechtsübereinkommen über Korruption von 1999 und das ergänzende Zusatzprotokoll ratifizieren, was die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) schon seit Jahren angemahnt hatte.

Unter Schwarz-Rot wurden zudem die Straftatbestände Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen (§ 299a und b StGB) neu eingeführt. Zuvor war es beispielsweise jahrelang nicht strafbar, dass Vertreter von Pharmafirmen niedergelassenen Ärzten Zuwendungen zukommen ließen, damit diese bevorzugt ihre Produkte verschrieben.

Union und SPD beschlossen auch endlich eine Karenzzeitregelung für ausscheidende Mitglieder der Bundesregierung. Bis zu 18 Monaten kann ihnen nun eine angestrebte Tätigkeit in der Wirtschaft untersagt werden, wenn Interessenkonflikte zu befürchten sind. Nach vielen fragwürdigen Fällen – unter anderem seinerzeit Gerhard Schröder – war der umstrittene Wechsel von Ronald Pofalla zur Deutschen Bahn wohl der finale Auslöser für diesen Schritt.

Eine solche Regelung, welche schon lange beispielsweise für die EU-Kommission gilt, hatten bereits seit Jahren (freilich in noch schärferer Fassung) zivilgesellschaftliche Akteure wie Transparency Deutschland und Lobby Control gefordert.

Nach der Bundestagswahl wird sich vermutlich erstmals zeigen, ob das neue Instrument wirkungsvoll ist, wenn sich ausscheidende SPD-Bundesminister und vermutlich auch einige bisherige Unionsminister neue Stellen außerhalb der Politik suchen werden. Die Besetzung des beratenden dreiköpfigen Gremiums, das künftig im Anwendungsfall eine Empfehlung für eine Karenzzeitmaßnahme abgeben soll, hatte bereits außerordentlich lange gedauert.

Zitiervorschlag

Korruptionsbekämpfung: . In: Legal Tribune Online, 06.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24875 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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