Sollte man kennen: Neun wich­tige BGH-Ent­schei­dungen aus 2017

von Pia Lorenz

22.12.2017

6/9: Mängelgewährleistung im Kaufrecht: Das ideale Pferd

Ist das Pferd das neue Auto? Nein, es geht nicht um den in 2017 alles beherrschenden Diesel-Skandal, sondern um die Weiterentwicklung des Kaufrechts. Auch der BGH hatte im Oktober über einen Fall zu entscheiden, der geeignet ist, die Augen des Zivilrechtlers zum Leuchten zu bringen.

Der Käufer hatte für 500.000 Euro einen zehnjährigen Hannoveraner Wallach erworben, um ihn bei Grand-Prix-Turnieren einzusetzen. Der Verkäufer, ein selbstständiger Reitlehrer und Pferdeausbilder, hatte das Tier selbst ausgebildet. Das Pferd wurde vor dem Vertragsschluss Probe geritten und tierärztlich in einer Klinik untersucht. Doch wenige Monate nach der Übergabe stellte ein Tierarzt einen Röntgenbefund zwischen zwei Halswirbeln fest. Hierauf führt der Käufer das Lahmen des Pferds und seine Widersetzlichkeit gegenüber Reitern zurück und trat vom Vertrag zurück.

Ob er zum Rücktritt berechtigt ist, hat der BGH noch nicht final entschieden, sondern die Sache zurückverwiesen (Urt. v. 18.10.2017, Az. VIII ZR 32/16). Aber einige Dinge haben die Bundesrichter schon klargestellt: Ein bloßer Befund ist noch kein Mangel, solange das Pferd klinisch unauffällig ist und sich zum Reiten eignet. Ebenso wenig gehört es, so der VIII. Zivilsenat, zur üblichen Beschaffenheit eines Tieres iSd § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGH), dass es in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen "Idealnorm" entspricht. Dass ein Tier in jeder Hinsicht der physiologischen Norm entspreche, könne ein Käufer nicht erwarten. Eine Normabweichung ist also nicht an sich ein Mangel – auch nicht bei einem Dressurpferd, das - trotz hohen Preises und seines vorgesehenen gewinnbringenden Einsatzes - doch ein Tier bleibt und kein genormtes Industrieprodukt.

Wunderbar in der mündlichen Prüfung abzuprüfen wäre übrigens eine weitere Frage, die der BGH – im Gegensatz zur Vorinstanz - verneint hat: Der Reitlehrer ist nach Ansicht der Karlsruher Richter kein Unternehmer iSv § 14 BGB, der "allenfalls äußerliche" Zusammenhang zwischen seiner beruflichen Tätigkeit als Reitlehrer und Pferdeausbilder einerseits und der Ausbildung und dem Verkauf des Pferds andererseits reichte dem Senat nicht aus, um eine selbständige berufliche Tätigkeit anzunehmen, die Voraussetzung einer Anwendbarkeit der Regelungen des Verbrauchsgüterkauf und damit auch der Vermutungsregel in § 476 BGB gewesen wäre.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26171 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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