5/9: Von Polizei für Attentäter gehalten: Ab jetzt auch Schmerzensgeld für Aufopferung
Begegnet einem in der täglichen juristischen Praxis eher selten, könnte man aber sowohl im Staatsexamen als auch in der Kneipe brauchen: Nimmt der Staat im öffentlichen Interesse die Rechtsgüter von Bürgern über Gebühr in Anspruch, können diese neben Vermögensschäden jetzt auch Schmerzensgeldansprüche geltend machen. Das entschied der BGH im September (Urteil v. 07.09.2017, Az. III ZR 71/17) und gab damit seine bis dahin geltende Rechtsprechung auf.
Anlass dazu gaben hessische Polizeibeamte, die in einer Tankstelle einen Mann zu Boden gebracht und ihm Handschellen angelegt hatten, weil sie ihn für einen Attentäter hielten, der kurz zuvor in der Nähe Schüsse aus einem fahrenden Pkw auf ein Döner-Restaurant abgegeben hatte. Der Mann, der bei der Aktion eine Schulterverletzung erlitt, verlangte neben dem Ersatz des entstandenen Vermögensschadens auch ein Schmerzensgeld.
Zu Recht, entschied der für öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen zuständige III. Zivilsenat. Von einem Willen des Gesetzgebers, die Ersatzpflicht bei Eingriffen in immaterielle Rechtsgüter grundsätzlich auf daraus folgende Vermögensschäden zu beschränken, könne nicht mehr ausgegangen werden, so die Karlsruher Richter. Diesen Grundsatz, der Grundlage der bisherigen, auf einem Urteil aus dem Jahr 1956 basierenden Rechtsprechung war, habe der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002) verlassen. Infolge der Änderung des § 253 BGB habe sich der Schmerzensgeldanspruch ausgeweitet.
Pia Lorenz, Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26171 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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