Er war der Star des Boulevards: Von seiner Mutter verstoßen, zog ein charismatischer Tierpfleger den Eisbären auf. Knut und sein ebenso bekannter Ziehvater starben früh – eine tragische Geschichte, die ein gewinnbringendes Merchandising versprach. Das Wettrennen um die Marke "Knut" hatte begonnen. Julia Dönch stellt den vorläufigen Sieger nach dem Urteil des EuG vor.
Ein Blick in die Markenregister zeigt: Kurz nach der Geburt Knuts reichten verschiedene Unternehmen Markenanmeldungen mit dem Namen des tapsigen Eisbärenbabys ein. Knut war ein Berliner von Geburt, so dass auch sein Heimat-Zoo über die Zoologischer Garten Berlin AG verschiedene Marken mit den Bestandteilen "KNUT" anmeldete. Allerdings wollten auch andere von dem Knut-Fieber profitieren: Die KNUT IP Management Ltd. mit Sitz in London meldete daher die Gemeinschaftsmarke "KNUT – DER EISBÄR" an.
Die Marke "KNUT – DER EISBÄR" war der Zoologischer Garten Berlin AG aber ein Dorn im Auge. Sie versuchte daher, die Gemeinschaftsmarke in einem Widerspruchsverfahren vor dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt zu löschen.
"KNUT" trifft auf "KNUD"
Doch trotz vieler Marken rund um den Eisbären Knut war die Lage für den Berliner Zoo nicht optimal: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst – dieser auch im Markenrecht geltende Prioritätsgrundsatz machte den Berlinern das Leben schwer. Denn die störende Marke "KNUT – DER EISBÄR" war älter als alle Marken der Zoologischer Garten Berlin AG. Nur die Marke "KNUD", die ihrerseits einen knappen Monat älter war und im September 2007 an den Zoo lizenziert wurde, blieb als Angriffsmittel übrig.
Also traf "KNUT – DER EISBÄR" auf "KNUD". Die Widerspruchsabteilung des europäischen Markenamts, die zuerst mit der Frage der Verwechslungsgefahr befasst war, kam zu folgendem Ergebnis: Zwischen den Vornamen "KNUT" und "KNUD" bestünden nur geringfügige visuelle und klangliche Unterschiede. Ein durchschnittlicher Verbraucher neige regelmäßig dazu, dem Anfang einer Marke größere Bedeutung zu schenken als dem Ende. Daher könne der Zusatz "DER EISBÄR" nichts an der Verwechslungsgefahr ändern.
Patt in erster Instanz
Trotz dieser für den Berliner Zoo an sich erfreulichen Bewertung der Verwechslungsgefahr blieb ein vollständiger Sieg in erster Instanz aus. Aus Sicht der Widerspruchsabteilung waren die Waren, für die die Marke "KNUD" geschützt war, nicht allen Waren und Dienstleistungen ähnlich, für die wiederum die Marke "KNUT – DER EISBÄR" angemeldet war. Somit entschied die Widerspruchsabteilung, dass die Marke "KNUT – DER EISBÄR" nur für einige Waren und Dienstleistungen zu löschen war.
Erhalten blieb die Marke "KNUT – DER EISBÄR" damit etwa für Waren aus Papier, Bekleidungsstücke und Sportartikel. Allerdings handelt es sich auch bei diesen Waren um beliebte Merchandising-Artikel, so dass sich die Zoologischer Garten Berlin AG mit der Teillöschung nicht zufrieden geben wollte.
Vor der Beschwerdekammer des europäischen Markenamts hatte sie nun endlich Erfolg: Die Beschwerdekammer beurteilte die Verwechslungsgefahr hinsichtlich der verbliebenen Waren und Dienstleistungen anders als die Ausgangsinstanz und ordnete die vollständige Löschung der Marke "KNUT – DER EISBÄR" an.
Doch auch damit kehrte rund um die "Knut"-Marken keine Ruhe ein: Gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer legte die KNUT IP Management Ltd. Rechtsmittel ein, so dass der Eisbär Knut plötzlich auch die Richter des EuG in Luxemburg beschäftigte. Würde das Gericht der eher großzügigen Argumentation der Beschwerdekammer folgen und etwa eine Ähnlichkeit zwischen "Bekleidungsstücke" und "Puppen" annehmen, weil Babykleidung immerhin auch Puppen angezogen werden kann?
Zoo als Sieger von Runde zwei und drei
Seit Montag lässt sich diese Frage mit Ja beantworten: Das EuG hält die Entscheidung der Beschwerdekammer des europäischen Markenamts für vollständig zutreffend. Die KNUT IP Management Ltd. muss also auf den markenrechtlichen Schutz der Bezeichnung "KNUT – DER EISBÄR" verzichten (Urt. v. 16.09.2013, Az. T-250/10).
Zwar ist die Entscheidung des Gerichts noch nicht rechtskräftig, das britische Unternehmen könnte den Fall noch vor den Europäischen Gerichtshof bringen. Doch Knut bleibt aus markenrechtlicher Sicht nun erst einmal ein waschechter Berliner – zur Freude des Zoologischer Gartens, wo man mit Erleichterung auf die Entscheidung reagierte. "Wir sind froh", sagte Sprecherin Claudia Bienek. Der Zoo werde jetzt aber dennoch keine neuen Verkaufsartikel zu Knut kreieren und in Umlauf bringen.
Der Ursprung für die Freude liegt übrigens in der Lizenz an der Marke "Knud". Diese hatte sich ein Münsteraner Verlag schützen lassen und dem Zoo zur Rechtsverteidigung lizenziert. Somit gibt Knut, der Eisbär, auch Denkanstöße zum Umgang mit Marken in umkämpften Märkten: Je früher, desto besser, und nicht immer ist weniger auch mehr. Wer sich also rechtzeitig und umfangreich markenrechtlich absichert, kann mit guten Erfolgsaussichten in eine Auseinandersetzung gehen.
Die Autorin Julia Dönch ist Rechtsanwältin im Bereich Gewerblicher Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht im Stuttgarter Büro von CMS Hasche Sigle.
Mit Material von dpa.
Zoo gewinnt Markenstreit vor EuG: . In: Legal Tribune Online, 16.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9567 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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