BVerwG zu Elbvertiefung: Gute Idee, sch­lechte Pla­nung

von Dr. Hendrik Schilder

09.02.2017

2/2: Hohe Anforderungen an Umwelt- und Erhaltungsmaßnahmen

Doch die konkret vorgesehenen Kohärenzmaßnahmen reichen nach Auffassung der Leipziger Richter nicht aus. Eine ohnehin zur Erhaltung des FFH-Gebietes erforderliche Maßnahme i.S.v. Art 6 Abs. 1 und 2 FFH-Richtlinie, die im Rahmen der Elbvertiefung geplant ist, kann laut Senat nicht zugleich eine Kohärenzmaßnahmen für eine Umweltbeeinträchtigung des Elb-Gebietes sein.

Kohärenzmaßnahmen müssten vielmehr über Maßnahmen des Gebietsmanagements hinausgehen. Damit verdeutlicht das BVerwG, dass an Kohärenzmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind. Den Planfeststellungsbehörden ist es damit verwehrt, eine Verbesserung des Erhaltungszustandes durch ohnehin erforderliche Maßnahmen zu erreichen und sowieso fällige Vorbereitungen gleichzeitig als Ausgleich für zu erwartende Umweltbeeinträchtigungen anzurechnen.

Mit Maßnahmen des Gebietsmanagements entsteht somit kein "Guthaben" für eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes. Gefordert sind stattdessen zusätzliche Verbesserungsmaßnahmen, damit keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes zurückbleibt.

Verschlechterungsverbot für Gewässer beachtet

Das auf die Europäische Wasserrahmenrichtlinie zurückgehende Verschlechterungsverbot für Gewässer steht dem Fahrrinnenausbau nicht entgegen: Das BVerwG hatte die Klageverfahren gegen die Elbvertiefung ausgesetzt, um eine Entscheidung des EuGH zur Werdervertiefung abzuwarten. Nach den vom EuGH in seiner Antwort aufgestellten Grundsätzen ist ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot nicht zu erkennen, so die Leipziger Richter. Die möglichen Beeinträchtigungen der biologischen Qualitätskomponenten der Elbe führten nicht dazu, dass eine Verschlechterung des Zustandes der Elbe anzunehmen ist. Keine der relevanten Qualitätskomponenten verschlechtere sich um eine Klasse.

Den übrigen Angriffen der Umweltverbände gegen die Planfeststellungsbeschlüsse hat das BVerwG ebenfalls eine Absage erteilt. Dem Artenschutz weiterer geschützter Arten sei ausreichend Rechnung getragen und die habitatschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht zu beanstanden.

Für die Hansestadt besteht nun die Möglichkeit, die festgestellten Mängel im Wege eines ergänzenden Verfahrens auszuräumen. Dazu muss eine weitergehende Untersuchung zur etwaigen Beeinträchtigung des Schierlings-Wasserfenchels erfolgen. Gleiches gilt für zusätzliche Kohärenzmaßnahmen über die bisher beabsichtigten hinaus. Eine hinreichende Abarbeitung dieser Themen vorausgesetzt, kann der Fahrrinnenausbau von Unter- und Außenelbe erfolgen. Die Elbvertiefung ist damit grundsätzlich umsetzbar, wenn die notwendigen Nachbesserungen realisiert wurden.

Der Autor Dr. Hendrik Schilder ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner der überörtlichen Kanzlei Kapellmann und Partner. Einer seiner Beratungsschwerpunkte liegt im Umweltrecht.

Zitiervorschlag

BVerwG zu Elbvertiefung: . In: Legal Tribune Online, 09.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22056 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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