2/2: Kontrolle durch wen?
Jeder Ehegatte kann der gesetzlichen Vollmachtsvermutung mündlich oder schriftlich gegenüber dem Partner oder beispielsweise seinem Hausarzt widersprechen. Auch eine bereits erteilte Vorsorgevollmacht führt zum Ausschluss der gesetzlichen Bevollmächtigung. Anders als bei der Schlüsselgewallt kann ein Widerspruch aber nicht in ein öffentliches Register eingetragen werden. Die Eintragung im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer kostet Geld, bringt aber nichts, da in dieses nur der Betreuungsrichter einsehen kann. Und dieser soll ja gerade nicht mehr beteiligt werden. Hat der behandelnde Arzt vom Vollmachtswiderruf, ohne diesbezüglich grob fahrlässig zu handeln, keine Kenntnis, gelten die Erklärungen trotz des Fehlens der Vollmacht. Ist der Partner nicht mehr geschäftsfähig, kann die gesetzliche Vollmacht überdies sogar zeitlich unbegrenzt gelten.
Glauben die Kinder, dass die Mutter nicht die Vorstellungen ihres Vaters zur Geltung bringt, sondern ihre eigenen, müssen sie wiederum das Betreuungsgericht anrufen. Auch ein Arzt muss bei Zweifeln das Betreuungsgericht einschalten und den Groll des handelnden Ehegatten/Lebenspartners auf sich ziehen. Gegenüber anderen Geschäftspartnern muss die Geschäftsfähigkeit des Ehegatten/Lebenspartners, für den gehandelt werden soll, durch ein ärztliches Attest, das nicht älter als sechs Monate ist, nachgewiesen werden. Das ist nicht Vereinfachung, sondern potenzierte Bürokratie. Zudem kann sich in einem halben Jahr der Gesundheitszustand, gerade bei Unfällen, erheblich ändern.
Werden beide Ehegatten/Lebenspartner aufgrund der demografischen Entwicklung gemeinsam alt und sind beide nicht mehr zu Handlungen in der Lage, hilft die gesetzliche Vollmacht ohnehin nicht. Ob die gesetzliche Vollmacht auch für ausländische Ehegatten/Lebenspartner wirkt, wenn sie sich im Inland aufhalten, wie dies der Gesetzesentwurf vorsieht, ist höchst fraglich, wenn das ausländische Güterrecht eine abweichende Regelung enthält.
Gut gemeint, schlecht gemacht
Der Versuch, ein Notvertretungsrecht von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern im Bereich der Gesundheitsvorsorge zu schaffen, ist lobenswert. Dieses sollte sich, wie die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme ausführt, auf einen überschaubaren Zeitraum von wenigen Tagen oder Wochen beschränken. Die gesetzliche Bevollmächtigung wird in den meisten Fällen eine Betreuung nicht entbehrlich machen. Auch bei einer zusätzlichen Vorsorgevollmacht werden keine Kosten durch die Ausklammerung des gesetzlich geregelten Bereichs eingespart.
Die Initiative des Bundesrats könnte nur den falschen Eindruck vermitteln, dass eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung nicht mehr erforderlich sind. Diejenigen, die sich mit dem unangenehmen Thema von Unglücksfällen und dem eigenen Tod nicht auseinandersetzen wollen, erhalten dadurch möglicherweise eine bequeme Ausrede.
Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel.
Herbert Grziwotz, Gesetzentwurf zur Vollmacht zwischen Ehegatten: . In: Legal Tribune Online, 17.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22405 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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