EGMR sieht keine Diskriminierung: Zwei Mütter für einen Sohn erst nach Adop­tion

13.11.2024

Kann ein Kind zwei Mütter haben? Ja, aber es ist in Ordnung, wenn eine von beiden das Kind erst adoptieren muss, stellte der EGMR klar. Das gelte auch, wenn von der adoptierenden Mutter die Eizelle stammt.

Lesbische Mütter werden nicht dadurch diskriminiert, dass eine von ihnen das Kind erst adoptieren muss. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem Fall aus Deutschland entschieden (Urt. v. 12.11.2024, Az. 46808/16).

Geklagt hatten zwei deutsche Frauen, die seit 2010 in einer eingetragenen Partnerschaft lebten, sowie deren Sohn. 2013 brachte eine von ihnen diesen Sohn zur Welt. Benutzt wurde dafür eine Eizelle der einen Partnerin und eine anonyme Samenspende. Dazu ist das Paar nach Belgien gereist, weil diese Art der künstlichen Befruchtung in Deutschland nicht legal ist.

In der Geburtsurkunde wurde dann allerdings nur eine der Frauen - jene, die das Kind zur Welt gebracht hatte - als Mutter aufgeführt. Die andere musste den Sohn adoptieren, um als Elternteil anerkannt zu werden – und das, obwohl ihre Eizelle verwendet wurde und ein Test bestätigte, dass sie zu nahezu 100 Prozent die Mutter des Jungen ist.

Geplante Reform wegen Ampel-Aus unklar

Das Paar wehrte sich dagegen vor dem Amtsgericht und dann vor dem Oberlandesgericht Köln, allerdings erfolglos. Auch eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht wurde abgelehnt. Daher zogen sie bis nach Straßburg vor den EGMR. 

Sie machten dort geltend, dass sie diskriminiert würden, weil nicht beide Frauen automatisch als Mütter eingetragen worden seien. Insbesondere dass die genetische Mutter ihr Kind erst adoptieren musste, sehen sie als Diskriminierung an. Sie machten eine Verletzung von Art. 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geltend.

Der EGMR ist jedoch der Ansicht, das Privat- und Familienleben des Paares sei nicht wesentlich beeinträchtigt, weil eine der Mütter das Kind vorher adoptieren musste. Das Paar habe nicht nachweisen können, dadurch besondere Schwierigkeiten in seinem Alltag gehabt zu haben.

Ein ähnlicher Fall zur sogenannten Stiefkindadoption ist derzeit beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig. Eine entsprechende Reform, die eine solche Adoption überflüssig machen würde, war eigentlich geplant. Ob diese Reform nun noch kommt, ist allerdings wegen der geplatzten Ampel-Koalition unklar.

2023 hatte der EGMR entschieden, dass trans Personen ihre Mutter- bzw. Vaterschaft nach einer Geschlechtsanpassung im Geburtenregister nicht verändern können. In einer Geburtsurkunde werde als Mutter die Person registriert, die das Kind zur Welt gebracht hat, und als Vater die Person, mit dessen Sperma es gezeugt wurde.

dpa/pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EGMR sieht keine Diskriminierung: . In: Legal Tribune Online, 13.11.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55857 (abgerufen am: 14.11.2024 )

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