OVG Berlin-Brandenburg zur Online-Trauung: Jawort per WhatsApp-Video­anruf ist unwirksam

09.10.2024

Bei der Eheschließung müssen sich Braut und Bräutigam persönlich gegenüberstehen. Ein Videoanruf reicht nicht aus, stellte das OVG Berlin-Brandenburg klar und versagte der afghanischen Braut ihr Visum zum Ehegattennachzug.

Werden die Worte "Ja, ich will" in Deutschland ausgesprochen, müssen die Vorschriften des deutschen Rechts eingehalten werden. Das gilt auch dann, wenn die Ehe über eine Videokonferenz geschlossen wird, bei der sich die Braut mit einem Stellvertreter des Bräutigams im Ausland aufhält, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg (Urt. v. 29.08.2024, Az. 6 B 1/24).

Dem Fall lag der Visumsantrag einer afghanischen Staatsangehörigen zugrunde. Die Frau wollte per Ehegattennachzug zu ihrem Mann nach Deutschland ausreisen, der hier schon seit 21 Jahren lebt. Als Nachweis der Eheschließung legte sie eine afghanische Heiratsbescheinigung inklusive englischer Übersetzung vor. Die deutsche Botschaft lehnte die Erteilung des Visums jedoch ab. Eine wirksame Eheschließung habe die Afghanin nicht nachweisen können.

Hiergegen klagte die Frau vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin. Sie trug vor, dass ihr Verlobter bei der Heirat telefonisch zugeschaltet war. Als Zeuge und Stellvertreter sei dessen Bruder neben weiteren Zeugen persönlich anwesend gewesen.

Das VG Berlin gab der Klage der Afghanin noch recht und verpflichtete die deutsche Botschaft, der Frau ein Visum zum Ehegattennachzug auszustellen. Die Ehe sei als Auslandstrauung nach afghanischem Recht wirksam unter Anwesenheit zweier männlicher Zeugen geschlossen worden. Dass der Bräutigam lediglich per Video zugeschaltet gewesen sei, genüge um von einer "Zusammenkunft" auszugehen, wie sie nach Schariarecht erforderlich sei.

OVG sieht Manipulationsgefahr bei Online-Trauung

Das OVG Berlin-Brandenburg sah das anders. Weil sich der Ehemann während der Online-Trauung in Deutschland aufgehalten habe, liege der Ort der Eheschließung zumindest auch im Inland. Es handle sich um eine in Deutschland abgegebene Erklärung, "die lediglich zeitgleich per Bild und Ton in einen anderen Staat übertragen wird", begründete das Gericht. Damit seien auch die Formerfordernisse des deutschen Rechts einzuhalten. Genau genommen heißt das, das Brautpaar muss gemäß § 1311 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bei Abgabe des Jaworts persönlich und gleichzeitig anwesend sein. Diese Vorschrift sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt und die Ehe damit als formunwirksam anzusehen.

Auch eine sogenannte Handschuhehe, also die Trauung per Stellvertreter, liege entgegen der Annahme des VG Berlin nicht vor. Denn bei einer Videokonferenz werde die Erklärung der Ehe persönlich abgegeben. Der Bräutigam habe somit nicht lediglich einen Stellvertreter beauftragt, das Jawort für ihn in einem Drittstaat abzugeben. Stattdessen habe er diese Erklärung selbstständig in Deutschland ausgesprochen.

Das Gericht begründete diese Auffassung zudem mit dem Sinn und Zweck des § 1311 S. 1 BGB. Die Vorschrift diene dazu, Ehen zu verhindern, die nicht auf freier und ernstlicher Willenseinigung der Verlobten beruhen. Bei einer Online-Eheschließung sei dies aufgrund der Gefahr von Manipulation und Betrug nicht gewährleistet. 

Unerheblich sei auch, ob die Ehe nach dem Recht des Drittstaates wirksam ist. Die Afghanin sei jedenfalls nicht Ehegattin eines Deutschen und habe damit keinen Anspruch auf Erteilung eines Visums. Im Übrigen hätten zahlreiche Widersprüche und Unstimmigkeiten in den Unterlagen erhebliche Zweifel an der Eheschließung des Paares aufgeworfen.

Die Revision hat das OVG Berlin-Brandenburg nicht zugelassen.

lmb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OVG Berlin-Brandenburg zur Online-Trauung: . In: Legal Tribune Online, 09.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55594 (abgerufen am: 10.10.2024 )

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