Wie weit reichen die Hinweispflichten für Reisebüros? Das LG Köln hatte diese Frage im Fall einer Reise nach Kenia zu klären: Die Kunden des Reisebüros wussten nicht, dass man für einen Besuch dort ein Visum brauchte.
Ein Reisebüro ist dazu verpflichtet, im Rahmen einer Pauschalreise die Reisenden über etwaige Visumserfordernisse zu informieren. Das hat das Landgericht (LG) Köln entschieden (Urt. v. 29.07.2024, Az. 17 O 139/23).
Geklagt hatte ein Mann, der für sich und seine Familie eine Pauschalreise nach Kenia in einem Reisebüro gebucht hatte. Dies geschah "last minute", die achttätige Reise sollte nämlich schon zwei Tage nach der Buchung losgehen. Jedoch kam die Familie nur bis zum Frankfurter Flughafen und trat von dort aus wieder die Rückreise ins heimische Köln an.
Was sich erfahrenen Reisenden aufdrängen wird, war für den Mann eine große Überraschung: für die Einreise nach Kenia brauchte man – jedenfalls zur in diesem Fall gebuchten Reisezeit im Jahr 2022 – ein Visum. Weil er sich hierum nicht gekümmert hatte, nahm die Fluggesellschaft ihn und seine Familie nicht mit. Er rief er am Flughafen stehend das Reisebüro an. Dieses wies ihn auf die Möglichkeit hin, die Visa entweder kurzfristig online zu beantragen und den geplanten Flug 90 Minuten später anzutreten oder auf den Folgetag umzubuchen. Beide Optionen lehnte der Mann ab und verließ mit seiner Familie unverrichteter Dinge den Flughafen.
Den Fehler, sich nicht informiert zu haben, sah der Mann keineswegs bei sich und klagte schließlich gegen das Reisebüro, um sich die Reisekosten nebst insoweit entstandenen Versicherungskosten in Höhe von rund 5.000 Euro zurückzuholen. Das Reisebüro habe es versäumt, ihn rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass man für Kenia zum besagten Reisezeitpunkt ein Visum brauchte, argumentierte der Mann. Selbst im Eilverfahren dauere die Ausstellung eines Visums drei Tage, was in Anbetracht der "last minute"-Buchung schon gar nicht mehr fristgerecht zu erledigen gewesen wäre.
Wiederum meinte das beklagte Reisebüro in dem Verfahren, man sei den Beratungspflichten sehr wohl nachgekommen. Bei der Buchung sei sowohl mündlich auf die Visumspflicht hingewiesen worden und auch die Buchungsunterlagen hätten einen entsprechenden Hinweis enthalten. Ferner habe man den Mann noch am Abflugtag auf eine Express-Visastelle hingewiesen. Auch betonte das Reisebüro im Rahmen des Prozesses, dass man dem Mann zusätzlich noch die Umbuchung auf den Folgetag angeboten habe.
Aufklärung nicht nachweisbar und keine Informationspflicht für Urlauber
Das LG Köln hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und dem Mann die Rückerstattung des Reisepreises nebst Versicherungskosten zugesprochen. Es sei nach der Beweisaufnahme nicht davon auszugehen, dass das Reisebüro seine Beratungspflichten gemäß § 651v Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hinreichend erfüllt habe, so das Gericht. Das Gericht entschied außerdem, dass Reisende nicht gehalten seien, sich selbst die allgemeinen Informationen zur Einreise in das Zielland herauszusuchen.
Entscheidend war insoweit die Zeugenaussage des zuständigen Mitarbeiters des Reisebüros. Der konnte sich einerseits nicht konkret an eine entsprechende Belehrung erinnern und stellte sich andererseits auch auf den Standpunkt, dass Reisende sich selbstständig zu etwaigen Visumspflichten informieren müssten. Insoweit gelang es ihm nicht, überzeugend darzulegen, "warum er gleichwohl den Kläger tatsächlich entsprechend belehrt haben will", wie das Gericht schreibt.
Weil der klagende Mann im Ergebnis so zu stellen sei, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stehen würde, gab ihm die Kammer Recht. Denn insoweit spreche die Vermutung dafür, dass er "bei richtiger Aufklärung, insbesondere über die Risiken einer möglicherweise nicht rechtzeitigen Erlangung der erforderlichen Visa, von der Buchung im gewählten Zeitraum Abstand genommen hätte", so das Gericht.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
jb/LTO-Redaktion
Landgericht Köln: . In: Legal Tribune Online, 31.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55121 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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