Ergebnisse der Innenministerkonferenz: Abschie­bung von "Gefähr­dern", Waf­fen­ver­bots­zonen

21.06.2024

Nach dem dreitägigen Treffen in Potsdam konnten die Innenminister der Länder verschiedene Einigungen erzielen. Die Themen reichten von der Abschiebung islamistischer "Gefährder" bis zur Expandierung von Waffenverbotszonen.

Am Freitag endete die dreitägige Innenministerkonferenz in Potsdam. Im Fokus standen vor allem Beratungen über die Migrationspolitik und die Abschiebung Schwerstkrimineller nach Afghanistan und Syrien

Auch infolge des tödlichen Messerangriffs auf einen Polizisten in Mannheim diskutierten die Ministerinnen und Minister über die Sicherheitspolitik in Deutschland. Im Detail ging es um die Ausweitung der Waffenverbotszonen, die Einführung eines Straftatbestands für Cybermobbing sowie einheitliche Regelungen zum Einsatz von Fußfesseln bei häuslicher Gewalt.

"Gefährder" und Straftäter nach Afghanistan und Syrien abschieben

Da Deutschland derzeit weder zu den Taliban-Machthabern in Kabul noch zur Regierung des syrischen Präsidenten, Baschar al-Assad, unterhält, sollen diese Abschiebungen wohl über Nachbarstaaten organisiert werden. Faeser sagte, für Syrien sei neben der Klärung der praktischen Fragen auch eine Neubewertung der Lage in dem arabischen Land notwendig. Sie sei sicher, dass sie dies mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in naher Zukunft lösen könne. Für Abschiebungen nach Afghanistan sei keine veränderte Sicherheitseinschätzung notwendig. Bayern Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte das Auswärtige Amt auf, "rasch die Schutzbedürftigkeit der von dort kommenden Menschen neu zu bewerten". Konkret geht es um die Frage, ob es in Syrien Regionen gibt, in denen den Rückkehrern keine Gefahr für Leib und Leben droht.

Faeser betonte: "Wir haben alle das gleiche Interesse an einer Reduzierung der irregulären Migration in Deutschland." Sie kündigte außerdem an, bald einen Entwurf für eine gesetzliche Regelung vorzulegen, die eine Ausweisung von Menschen, die wegen Volksverhetzung verurteilt wurden, betrifft. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte, man müsse dafür sorgen, dass weniger Asylsuchende nach Deutschland kommen. Es brauche auch Vorschläge für den Umgang mit den vielen Menschen, die ohne Ausweispapiere kämen. Das sei auch ein Thema, das auf EU-Ebene angegangen werden müsse. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres haben 103.467 Menschen erstmals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erstmals einen Asylantrag  gestellt - ein Rückgang um 17,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Rückgang geht wohl teilweise auch auf die Mitte Oktober angeordneten Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz zurück.

Asylverfahren außerhalb der EU?

Zu dem Beschluss des Bund-Länder-Treffens von Donnerstagnacht, Möglichkeiten für eine Auslagerung von Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union weiter zu prüfen, sagte Herrmann: "Wir müssen Mittel und Wege finden." 

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte der dpa: "Was es braucht, sind schnellere rechtsstaatliche Verfahren und die konsequente Umsetzung geltenden Rechts wie der europäischen Asylrechtsreform und keine Scheinlösungen, die bereits in Großbritannien gescheitert sind." Großbritannien will unerlaubt eingereiste Asylbewerber nach Ruanda bringen, das dann nicht nur selbst die Asylverfahren übernehmen würde, sondern auch Schutz gewähren beziehungsweise sich um eine Abschiebung kümmern soll.

Zusätzliche Regelungen zu Waffenverbotszonen?

Außerdem wollten Bund und Länder prüfen, ob es zusätzlicher bundesgesetzlicher Regelungen zu Waffenkontrollen bedarf, um Straftaten mit Messern zu verhindern.

Konkret geht es darum, ob anlasslose Kontrollen durch die Polizei auch außerhalb der in Verantwortung der Länder an Orten mit hoher Kriminalitätsbelastung eingerichteten Waffenverbotszonen erlaubt sind. Das betrifft etwa Orte, an denen es zu Menschenansammlungen kommt. "Erst wenn anlasslose Kontrollen möglich sind, entfalten Waffenverbotszonen auch die erwünschte breite präventive Wirkung", sagte Sachen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU).

Mehr Handhabe bei Cybermobbing und Fußfesseln bei häuslicher Gewalt

Die Innenminister setzen sich auch für die Prüfung eines gesonderten Straftatbestands für Cybermobbing ein. "Cybermobbing ist ein wachsendes Phänomen, das bisher unterschätzt wird, obwohl es für die Opfer zu schwerwiegenden Auswirkungen in vielen Lebensbereichen führt", sagte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). Er brachte den Antrag in die Innenministerkonferenz ein, deren Vorsitz er derzeit innehat. Nun sollten die Justizminister prüfen, ob sie die Einführung eines gesonderten Straftatbestands für sinnvoll erachten. Anders als bei einer Beleidigung in der realen Welt, etwa auf dem Schulhof, seien die Folgen einer solchen Tat durch die Verbreitung im virtuellen Raum, für die Betroffenen viel gravierender.

Es soll zudem eine einheitliche Regelung zum Einsatz von Fußfesseln bei häuslicher Gewalt geben. Außerdem solle es für die Täter verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings geben, sagt Stübgen. Verbote, die Wohnung zu betreten und sich der Frau zu nähern, müssten "konsequent durchgesetzt und engmaschig kontrolliert werden", sagte Faeser. Sie sei dazu bereits im Austausch mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Wenn die Täter mit einer elektronischen Fußfessel überwacht würden, könne die Polizei im Ernstfall schneller einschreiten und Gewalt gegen Frauen besser verhindern. Als Vorbild nannte Faeser entsprechende Regelungen in Österreich.

Kein Nachgeben bei Elementarschaden-Pflichtversicherung

Obwohl in Deutschland aktuell lediglich 54 Prozent der Gebäude gegen Naturgefahren, wie Hochwasser und Überschwemmung, versichert sind, gibt die Bundesregierung der Forderung der Länder nach einer bundesweit geltenden Elementarschäden-Pflichtversicherung nicht nach. Bei dem mit Spannung erwarteten Treffen von Bundeskanzler Scholz mit den Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstagabend ließ der Bund die Länder abblitzen. Statt einer Pflicht zum Abschluss einer Versicherung erneuerte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) seine Forderung nach einer Angebotspflicht für die Versicherer, wie LTO berichtet hat.  

dpa/xp/LTO-Redkation

Zitiervorschlag

Ergebnisse der Innenministerkonferenz: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54832 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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