2/3: Marketing-Tool statt echter Prüfpflicht
LTO: In dem EntgTransG werden aber die Betriebe aufgefordert, die bei ihnen geltenden Entgeltregelungen und -bestandteile auf Entgeltdiskriminierung hin zu überprüfen. Danach würden doch die Lohnunterschiede ohnehin angeglichen werden und die Beschäftigten müssen die Ansprüche gar nicht persönlich geltend machen?
Pfarr: Diese Betriebsprüfungen verkommen aber in der aktuellen Fassung des Entwurfs zu einem reinen PR- und Marketing-Tool für die Unternehmen. Zunächst einmal gilt die Regelung nur für Betriebe ab 500 Beschäftigten. Und selbst diese werden dann zu der Entgeltprüfung nur "aufgefordert", nicht verpflichtet.
Das im ursprünglichen Gesetzentwurf der Ministerin vorgesehene betriebliche Entgeltprüfungsverfahren, das verbindlich vorgeschrieben und über ein zentrales Zertifizierungsverfahren nachweislich geeignet war, diskriminierende Praxen aufzudecken, ist also entfallen. Dabei war es das wirkungsvollste Instrument zur Durchsetzung der Lohngleichheit.
Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Unternehmen nach § 11 E-EntgTranspG die Methode dieser Prüfung frei wählen können. Derartige Prüfverfahren aufzusetzen, wird ein neues Geschäftsmodell für Kanzleien und Unternehmensberater. Denn die Verfahren müssen nicht zertifiziert sein, so dass nicht garantiert ist, dass sie den europarechtlichen Regelungen und der konkretisierenden Rechtsprechung entsprechen.
Das heißt, dass Unternehmen sich ein Verfahren aussuchen könnten, sich ihrer angeblichen Diskriminierungsfreiheit rühmen und damit nicht nur Werbung machen, sondern zudem sogar Ansprüche von tatsächlich diskriminierten Beschäftigten zum Erlöschen bringen könnten. Denn die Diskriminierungsfreiheit wird nach § 19 Abs. 2 E-EntgTranspG vermutet, sobald ein Unternehmen das Prüfverfahren durchlaufen hat – und das braucht es nur alle fünf Jahre.
In Betrieben mit weniger als 500, aber mehr als 200 Beschäftigten gibt es nicht einmal mehr diese Prüfpflichten, sondern nur noch einen Auskunftsanspruch.
Betriebe mit weniger als 200 Beschäftigten werden gar nicht mehr vom Gesetz erfasst. Dabei sind gerade dort sehr viele Frauen beschäftigt und die Lohnlücke ist besonders groß. Das reicht so alles nicht.
Tanja Podolski, Gesetzentwurf zu gleichem Lohn für Männer und Frauen: . In: Legal Tribune Online, 02.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21331 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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