Playmobil – vom Püppchen für Knaben zum Unisex-Spielzeug
Gedanken an das Klischee eines kommunistischen Menschen drängten sich dem Schriftsteller und Verleger Marc Degens (1971–) bei einer Betrachtung der Playmobil-Figur aus Anlass ihrer 25-jährigen Existenz auf: "Jeder von ihnen hatte eine klar umrissene Aufgabe, Namen waren Schall und Rauch, und wenn es die Planwirtschaft erforderte, wurden mit einem Handgriff aus Rittern Ärzte, aus Piraten Landwirte und aus Polizisten Bauarbeiter. Allein der blonde Sheriff konnte seinen Stern nie verbergen."
Vor und nachdem Degens dies 1999 in der Frankfurter Allgemeinen schrieb, dem bekannten Fachblatt zur Aufdeckung planwirtschaftlicher Umtriebe, ist eine beachtliche Zahl soziologischer und kulturwissenschaftlicher Studien zur Figur veröffentlicht worden, etwa zum Genderproblem von Playmobil. Erreichte diese Puppe in den 1970er Jahren überwiegend männliche Kinder, soll das Produkt inzwischen zu 45 Prozent von Mädchen genutzt werden.
Als Denkwürdigkeit der Playmobilgeschichte darf mit Blick auf die endlosen Kontroversen um die Geschlechterfragen von Spielzeug gelten, dass die Plastikpüppchen nicht zufällig zunächst als bubenhaft, beinah geschlechtsneutral aufgefasst wurden, bis in den 1970er Jahren bereits anachronistisch wirkende, weil mit Rock ausgestattete weibliche und in den 1980er Jahren Kinderfiguren hinzukamen – denn ursprünglich war das Playmobilpüppchen, der "Klicky", als kindliche, tendenziell geschlechtslose Figur aufgefasst worden. Die kindlichen Eigenschaften der Playmobilfigur wurden beispielsweise 1979 vom BGH – in Abgrenzung zu Konkurrenzprodukten bzw. historischen Vorbildern – in der "gezackte(n) Ponyfrisur" gesehen, die "der Figur einen typisch jungenhaft-sympathischen Ausdruck verleiht" sowie in der Größe des Kopfes der Playmobilfigur in Relation zu Armen und Beinen. "(D)er Eindruck von Kindlichkeit wird verstärkt durch die abgerundeten Schultern."
Diese kindlichen Figuren bekamen Anfang der 1980er Jahre gleichwohl selber Kinder und statt in ihren Rollen austauschbar zu sein, bleiben die Püppchen inzwischen viel öfter in abgegrenzten sozialen Fantasiewelten. Hätten sie ahnen können, wie festgelegt die "Klickys" heute in Beruf oder Familienstand sind, also wie erwachsen, hätten die Gutachter vor dem BGH Kopfschmerzen bekommen müssen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. Dezember 1979 (Az. I ZR 130/77).
Puppen im Recht: . In: Legal Tribune Online, 02.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42375 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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