Käthe Kruse kämpft gegen den Bing-Konzern
Seit dem Jahr 1910 genoss das Start-up von Käthe Kruse (1883–1968) zunächst bescheidenen, nach einer Spielzeug-Ausstellung im berühmten Kaufhaus Tietz zu Berlin dann aber wirtschaftlich sehr beachtlichen Erfolg mit der Herstellung von Puppen, die weicher, biegsamer und damit lebensechter waren als ihre bis dahin gewerblich hergestellten Vorgänger.
Die vergleichsweise natürlich wirkenden, Fürsorgegefühle weckenden Puppen Kruses fanden unter hinreichend zahlungskräftigen Kunden des Kaiserreichs und der Weimarer Republik erheblichen Absatz – wie noch jedes reformpädagogische Vorhaben in Deutschland blieben sie aber Sache für die Ober- und höhere Mittelschicht.
Gefährlicher Konkurrenz sah sich Kruse daher durch Puppen ausgesetzt, die von der Bing-Werke AG hergestellt wurden. Wie bei einer Kruse-Serie stattete Bing die "Puppen mit mannigfaltigen Trachten aus, die sich nach Alter, Geschlecht, Volk, Stamm und Landschaft unterschiedlich bestimmen". Um den Markt preisdifferenzierter bedienen zu können, variierte Bing – anders als Kruse – die Größen der Puppen.
Die Klage Kruses auf Unterlassung und Auskunft über den bisherigen Puppen-Absatz der Firma Bing, § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hatte erst vor dem Reichsgericht endgültig Erfolg.
Die Leipziger Richter befanden – aufgrund ganz eigenen ästhetischen Urteils –, dass die Bing-Puppen "billiger hergestellt … weniger sorgsam ausgeführt" seien, jedoch für den "sich umschauende(n) Durchschnittskäufer" als Spielart der Kruse-Puppen durchgehen könnten und das Geschäft mit diesen Produkten geistigen Diebstahls unlauter sei.
Reichsgericht, Urteil vom 11. Juli 1925 (Az. I 103/24).
Puppen im Recht: . In: Legal Tribune Online, 02.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42375 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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