1. Mai: Raus auf die Straße!

von Martin Rath

01.05.2018

5/9: Unterdrückte Statistik zur Kinderarbeit

Zwischen dem preußischen Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken von 1839 und dem 1903 beschlossenen, am 1. Januar 1904 in Kraft getretenen "Reichsgesetz betreffend die Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben" hatte der Gesetzgeber zwar die Gewerbeaufsicht verschärft und mit Blick auf Pausen und Schutzalter ein wenig nachgebessert.

Im Wesentlichen galt der Jugendarbeitsschutz aber Kindern und Jugendlichen in Fabriken, Berg- und Hüttenwerken. Seit 1891 war die Beschäftigung von Kindern unter 13 Jahren in Fabriken verboten, 13- und 14-Jährige durften täglich bis zu sechs, 14- bis 16-Jährige bis zu zehn Stunden arbeiten. Außerhalb der Fabriken blieb es bei der Ausbeutung der Kinderarbeit. Das Reichsgesetz von 1903 dehnte die Verbote und Regelung der Kinder- und Jugendarbeit auf alle gewerblichen Betriebe aus.

Ganz ausgenommen von der staatlichen Regulierung blieben die Land- und Forstwirtschaft. Zwar hatte die Sozialdemokratie 1903 auch hier ein Verbot gefordert, doch konnte sie nicht mehr als eine statistische Erfassung der Kinder- und Jugendarbeit in diesen – seinerzeit beschäftigungsintensiven Wirtschaftszweigen – durchsetzen. Die erfassten Zahlen blieben aber bis 1922 unter Verschluss: 1,77 Millionen Kinder unter 14 Jahren arbeiteten demnach 1904 in der Land- und Forstwirtschaft, dies entsprach jedem fünften Kind unter 14 Jahren.

Ein grundsätzliches Verbot der Kinderarbeit, also von Personen unter 14 Jahren mit Ausnahmen, regelten §§ 4, 5 des Gesetzes über Kinderarbeit und die Arbeitszeit der Jugendlichen vom 30. April 1938, in Kraft ab dem 1. Januar 1939. Unter dem erklärten Gesetzeszweck, alle "Jugendlichen zu seelisch und körperlich gesunden Volksgenossen zu erziehen" schützte es freilich allein die sogenannte "deutsche Jugend".

Zitiervorschlag

Martin Rath, 1. Mai: . In: Legal Tribune Online, 01.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28367 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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