1. Mai: Raus auf die Straße!

von Martin Rath

01.05.2018

3/9: Ein Blick ins Gesetz verhindert Eigenlobhudelei

Schier endlos wurde das Verbot der Kinderarbeit in Preußen, das mit königlicher Verordnung vom 9. März 1839 in Kraft trat, in den populärhistorischen Himmel gehoben. Oft wird das Lob ein bisschen pseudokritisch eingeschränkt: Den militaristischen Preußen sei es dabei nur darum gegangen, die Zahl körperlich untauglicher Rekruten zu mindern.

Ein Blick ins "Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken" gibt schon in der Überschrift des Gesetzes zu erkennen, dass der Dampfzug der Humanität hier nur mit angezogener Bremse fuhr: Das Beschäftigungsverbot betraf Kinder vor "zurückgelegtem neunten Lebensjahr" beziehungsweise unter 16-Jährige, soweit sie noch nicht drei Jahre zur Schule gegangen waren und Anfängerkenntnisse im Lesen und Schreiben aufwiesen. Zehn- bis 16-Jährige durften nun in der Regel nicht länger als zehn Stunden werktäglich zwischen 5 und 21 Uhr beschäftigt werden – bei zwei Pausen von 15 Minuten und einer Mittagspause von einer Stunde.

Soweit diese Regeln eingehalten wurden, boten sie natürlich Schutz vor der völligen Selbstversklavung. Lesen und Schreiben: Das vermittelt etwas Zugang zur Welt. Wenig Beachtung findet jedoch allzu oft der sachliche Geltungsbereich dieses ersten modernen Verbots der Kinderarbeit: Geregelt wurde hier die Tätigkeit "in einer Fabrik oder bei Berg-, Hütten- und Pochwerken". Die Masse kindlicher und jugendlicher Arbeitskräfte, die in der Landwirtschaft, im elterlichen Haushalt oder im Handwerk tätig war, wurde von diesem frühen Verbot noch nicht erfasst.

Zitiervorschlag

Martin Rath, 1. Mai: . In: Legal Tribune Online, 01.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28367 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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