VG Neustadt a.d. Weinstr. gibt Waffenschein zurück: Ein "Kön­ig­reich Bayern" macht noch keinen Reichs­bürger

22.01.2019

Jüngst entschied das OVG Koblenz, dass Reichsbürgern die waffenrechtliche Zuverlässigkeit fehlt. Für den Widerruf einer Waffenbesitzkarte braucht es aber schon mehr als ein kurios ausgefülltes Formular, entschied nun das VG Neustadt.

In der Diskussion um die Entwaffnung sogenannter Reichsbürger, die Staat und Verfassung ablehnen, hat die Stadt Kaiserslautern eine juristische Niederlage erlitten. Die pfälzische Kommune habe einem örtlichen Mediziner im Februar 2018 zu Unrecht mehrere Waffenbesitzkarten widerrufen, teilte das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt an der Weinstraße am Dienstag mit (Urt. v. 07.01.2019, Az 5 K 836/18.NW). Die Stadt hatte dem Mann vorgeworfen, er sei der Reichsbürgerszene zuzuordnen und waffenrechtlich unzuverlässig.

Der Kläger, ein in Kaiserslautern lebender und praktizierender Mediziner, ist Jäger, Sportschütze und Inhaber mehrerer Waffenbesitzkarten und eines Kleinen Waffenscheins. Im Februar 2015 stellte der Mann einen Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit, nachdem der ihm im Jahr 1978 erteilte, für die Approbation als Arzt erforderliche Staatsangehörigkeitsausweis auf 10 Jahre befristet war. 

Bei dem Antrag im Jahr 2015 gab er er u.a. als Wohnsitzstaat "Königreich Bayern (Deutschland)" an. In der Rubrik "Aufenthaltszeiten seit Geburt" führte er u.a. aus, in "Langen/Hessen, Großherzogt. Hessen Deutschland" gelebt zu haben und heute in "Kaiserslautern, Königreich Bayern Deutschland" zu wohnen. Nach Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises monierte der Mediziner zudem per Mail, dass sein Nachname ausschließlich in Großbuchstaben geschrieben worden sei. Er bitte um Korrektur der Schreibweise.

Formular allein reicht nicht aus

Die Stadt schlussfolgerte aus den Angaben, dass der Arzt ein sog. Reichsbürger sei und widerrief die ihm erteilten Waffenbesitzkarten sowie den kleinen Waffenschein. Es bestehe die Gefahr des missbräuchlichen Umgangs mit Schusswaffen, so die Behörde. Der Mediziner hielt diese Einschätzung für gänzlich verfehlt und klagte. 

Das VG gab ihm nun Recht. Es lägen keine hinreichenden nachträglichen Tatsachen vor, die die Annahme einer waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigen würden.  

Zwar begründe die Benutzung der Begriffe "Königreich Bayern" und "Großherzogtum Hessen" durchaus ein Indiz dafür, dass der Mediziner die Gründung der Bundesrepublik Deutschland in Abrede habe stellen wollen, entschied das Gericht. Allerdings reichten nach Überzeugung der Kammer die Angaben in dem Formular und der Mail nicht aus, um allein darauf die Annahme zu stützen, der Mediziner negiere die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland und erkenne die Rechtsordnung einschließlich des Waffengesetzes nicht für sich als verbindlich an.

Gericht geht von "Ausrutscher" aus

Der Mediziner lebt seit über 30 Jahren in Kaiserslautern. Er gehöre mehreren Ärztekammern an und engagiere sich als Prozessgutachter. "Insgesamt gesehen rechtfertigten jedenfalls derzeit weder sein berufliches Wirken noch sein Verhalten im vorliegenden Verfahren die Annahme, dass der Kläger die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland zukünftig missachten könnte", urteilte das VG. Bei den Angaben in den Anträgen handele es sich um "Einzelfälle einer rein verbalen Provokation im situativen Zusammenhang" und "Ausrutscher". Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Das Innenministerium in Mainz schätzte die Zahl der Reichsbürger in Rheinland-Pfalz im Oktober 2018 auf rund 550. Davon galten 77 als gewaltbereit. Das Oberverwaltungsgericht des Landes entschied im Dezember, dass Reichsbürgern die waffenrechtliche Zuverlässigkeit fehle. In dem Fall mussten zwei Männer ihre Schusswaffen abgeben, weil sie über reine Sympathiebekundungen in Bezug auf die Reichsbürgerszene hinaus auch die Bindung an die in Deutschland geltenden Rechtsvorschriften in Abrede gestellt hatten.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG Neustadt a.d. Weinstr. gibt Waffenschein zurück: . In: Legal Tribune Online, 22.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33375 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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