Mit 120 Stundenkilometern durch die 50er-Zone: Polizei darf Auto unein­sich­tigen Rasers sicher­s­tellen

27.03.2024

Wer innerorts mit über 100 Kilometern pro Stunde Autos überholt und über Kreuzungen rast, dessen Fahrzeug darf die Polizei einkassieren, so das VG Neustadt, das damit die "kaum zu überbietende Ignoranz" eines Rasers würdigte.

Wenn mehrere Bußgeldbescheide und polizeiliche Ansprachen einen Verkehrssünder nicht zur Einsicht bringen, kann die Polizei schlussendlich das Fahrzeug einziehen (§ 22 Nr. 1 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) Rheinland-Pfalz), um die von dem Fahrer ausgehende Gefahr abzuwenden. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt an der Weinstraße im Wege einstweiligen Rechtsschutzes entschieden und die Sicherstellung eines Fahrzeugs nach einem gefährlichen Überholmanöver als rechtmäßig bestätigt (Beschl. v. 18.03.2024, Az. 5 L 193/24.NW).

Im vergangenen Oktober war der Mann, der sich vor dem VG per Eilantrag gegen die Sicherstellung seines Fahrzeugs wehren wollte, die Spaldinger Straße in Speyer in Richtung Waldsee entlanggefahren. Um zwei vorausfahrende Fahrzeuge zu überholen, beschleunigte er seinen Wagen stark und fuhr – ohne zu blinken – auf die Gegenfahrbahn, von links vorbei an einer Verkehrsinsel. Bei erlaubten 50 Kilometern pro Stunde erreichte der Fahrer bei diesem Manöver eine Geschwindigkeit von etwa 120 Kilometern pro Stunde. Immer noch mit etwa 110 Kilometern pro Stunde ging es dann weiter, vorbei an fünf Einmündungen, einer Kreuzung und zwei Fußgängerüberwegen. 

Unbeobachtet blieb dieses Verhalten nicht: Polizeibeamte in Zivil hatten den Fahrer verfolgt. Nachdem er in eine andere Straße eingebogen war, unterzogen sie ihn einer Verkehrskontrolle. Im Anschluss an die Kontrolle stellten sie das Fahrzeug zwecks Gefahrenabwehr sicher.

Hiergegen wehrte sich der Fahrer, legte Widerspruch ein und beantragte die Herausgabe des Fahrzeugs. Wegen der fehlenden aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs wandte er sich zudem mit einem Eilantrag an das VG Neustadt – vergeblich, wie nun bekannt wurde.

"Rücksichtsloser Verkehrsteilnehmer und unbelehrbare Person"

Das Gericht hielt die Sicherstellung des Autos im Eilverfahren aufrecht, sie sei rechtlich nicht zu beanstanden. Aufgrund des erheblich verkehrswidrigen und rücksichtslosen Fahrverhaltens liege es nahe, dass der Mann in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Verkehrsverstöße begehen werde. Das Fahrverhalten sei von einer "gravierenden Missachtung verkehrsrechtlicher Regelungen" und einer "kaum zu überbietenden Ignoranz" geprägt gewesen, insbesondere weil dabei Fußgänger, die gegen Kollisionen völlig ungeschützt seien, gefährdet wurden, betonte das Gericht. 

Hinzu kam, dass der Fahrer nach Gerichtsangaben nicht das erste Mal auffällig geworden war. So sei er bereits mehrfach durch erheblich verkehrswidriges Fahrverhalten aufgefallen. Die Häufigkeit seiner Verstöße zeige, dass er sich von Verkehrsregeln, polizeilichen Ansprachen oder Bußgeldbescheiden nicht beeindrucken lasse. 

Das Gericht befand daher, dass die Polizeibeamten zu Recht annehmen durften, dass es sich bei dem Fahrer um einen "rücksichtslosen Verkehrsteilnehmer sowie eine unbelehrbare Person" handelt und damit konkrete Wiederholungsgefahr bestand. Aufgrund der besonderen Sachlage und des fehlenden Einsichtvermögens des Mannes seien die Beamten zu Recht vom Fortbestehen einer Gefahrenlage ausgegangen, nachdem sie den Antragsteller der Verkehrskontrolle unterzogen hatten.

Der Fahrer kann gegen den Beschluss noch Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz einlegen. 

lmb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Mit 120 Stundenkilometern durch die 50er-Zone: . In: Legal Tribune Online, 27.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54215 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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