Der Luftreinhalteplan für die Stadt Köln ist rechtwidrig, urteilte das OVG NRW. Es entschied aber nicht, dass auf jeden Fall eine Fahrverbotszone eingerichtet werden muss; bloße streckenbezogene Verbote könnten unter Umständen genügen.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass der Luftreinhalteplan vom 1. April 2019 für die Stadt Köln rechtswidrig ist und das Land Nordrhein-Westfalen ihn deshalb fortschreiben muss (Urt. v. 12.09.2019, Az. 8 A 4775/18). Nach dem derzeitigen Stand müssen laut OVG Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 und älter in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden, um eine zügigere Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid an bestimmten Messstellen zu erreichen. Welche konkreten Straßenabschnitte dafür gesperrt und welche Fahrzeuge von den Fahrverboten ausgenommen werden, müsse die Bezirksregierung Köln prüfen und festlegen. Sie müsse dabei aber auch die Folgen des Ausweichverkehrs prüfen.
Das OVG bestätigte damit das von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) erstrittene Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Köln insoweit, als die bisherige Luftreinhalteplanung unzureichend ist. Anders als das VG entschieden die Münsteraner Richter aber nicht, dass auf jeden Fall eine Fahrverbotszone eingerichtet werden muss. Unter Umständen könnten auch bloße streckenbezogene Fahrverbote genügen, so das OVG.
Fahrverbote hält das Gericht nach den bisherigen Prognosen und Messwerten für den Clevischen Ring, die Justinianstraße, die Luxemburger Straße und den Neumarkt in der Innenstadt für erforderlich. Es seien keine anderen Maßnahmen ersichtlich, um den geltenden Grenzwert "zumindest im Jahr 2020 einzuhalten". An diesen Straßen werde der Grenzwert der Prognose zufolge erst in drei bis vier Jahren eingehalten, hatte der Senatsvorsitzende Max-Jürgen Seibert in der Verhandlung gesagt. Das sei ein zu langer Zeitraum.
DUH und Land NRW zufrieden
Die DUH sprach von einem guten Tag für die saubere Luft in Köln. Die Landesregierung sollte nun nach der zweiten Niederlage vor dem OVG "ihren Bürgern reinen Wein einschenken und rechtzeitig mitteilen, dass Diesel-Fahrverbote kommen werden", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Das OVG will in den kommenden Monaten einen Vergleich zwischen dem Land und der DUH ausloten. Derzeit sind noch zwölf weitere Klagen der DUH in NRW anhängig.
Das Land NRW sieht gute Chancen, Fahrverbote zu vermeiden. "Die Einführung von Fahrverboten muss geprüft werden, das heißt aber noch lange nicht, dass sie auch tatsächlich kommen", sagte der Staatssekretär im NRW-Umweltministerium, Heinrich Bottermann. Die Messwerte an den betroffenen Straßen gingen stärker zurück als erwartet.
Zuversichtlich stimmt Bottermann die Einschätzung des Gerichts, dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf Fahrverbote verzichtet werden könne, wenn neue Prognosen ergeben sollten, dass der Grenzwert kurzfristig eingehalten wird. Nach Einschätzung von Regierungspräsidentin Gisela Walsken wird das aber wohl nicht an allen vier Straßen gelingen. Andersherum entschied das OVG aber auch, dass die Bezirksregierung für den Fall vorsorgen muss, dass sich die an einigen Stellen günstigen Grenzwert-Prognosen nicht bewahrheiten. Die Entwicklung der Luftschadstoffwerte müsse daher regelmäßig kontrolliert werden.
Die Luftverschmutzung in Köln ist seit langem deutlich zu hoch. Laut EU-Grenzwert dürfen es im Jahresmittel nur 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter sein, an einigen Stellen der Stadt ist man von dieser Grenze weit entfernt: Am schlimmsten sieht es am rechtsrheinischen Clevischen Ring aus, dort wurden 2017 62 Mikrogramm gemessen. Ein Jahr später sank der Wert auf 59 Mikrogramm.
Auch der überarbeitete Luftreinhalteplan für die Millionenstadt, der am 1. April in Kraft getreten war, verzichtet bisher auf ein Dieselfahrverbot. Die Stadt will die Luftverschmutzung mit anderem Maßnahmen senken: So gilt seit dem vergangenen Monat in der Kölner Innenstadt ein Durchfahrverbot für Lastwagen, die mehr als 7,5 Tonnen wiegen. Die Dieselbusse der Kölner Verkehrsbetriebe werden mit Katalysatoren ausgerüstet, die den Stickstoffdioxidausstoß um mindestens 85 Prozent senken sollen.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
OVG NRW zu Stickstoffdioxid-Grenzwerten: . In: Legal Tribune Online, 12.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37597 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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