Markenstreit am OLG München: Wofür steht "Bal­ler­mann"?

06.09.2018

Vor gut 20 Jahren hatten sie die Schnappsidee ihres Lebens: Ein Ehepaar beschloss im Mallorca-Urlaub, das Wort "Ballermann" als Marke schützen zu lassen. Lizenzgebühren machten sie reich. Das OLG München entscheidet nun, ob das so weitergeht.

Vor dem Oberlandesgericht (OLG) München - rund 1.700 Kilometer von Mallorca entfernt - entscheidet sich möglicherweise die Zukunft der Marke "Ballermann". Die Betreiberin der früheren Diskothek "Nachtschwärmer" in Cham in der Oberpfalz wehrt sich dagegen, für eine "Ballermann"-Party Schadensersatz wegen Markenrechtsverletzung an ein Ehepaar aus Niedersachsen zu zahlen. Bei der Verhandlung am Donnerstag kam das Gericht nicht zu einer Entscheidung und vertagte das Urteil auf den 27. September.

Bislang haben Annette und André Engelhardt mit der Schnapsidee ihres Lebens gutes Geld verdient. Im Mallorca-Urlaub beschloss Engelhardt vor mehr als 20 Jahren, die Bezeichnung "Ballermann" als Marke zu schützen - und zwar bei ätherischen Ölen genauso wie bei elektrischer Christbaumbeleuchtung oder Signalbojen. Auch die Macher des Films "Ballermann 6" mit Tom Gerhardt mussten Lizenzgebühren zahlen. Die Liste im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes scheint endlos und umfasst eben auch "Musikdarbietung, Volksbelustigungen" sowie "Betrieb einer Diskothek" - Steine des Anstoßes für das Münchner Verfahren.

"Ballermann" nur beschreibend? 

"Ich habe damals 500 oder 700 Mark gezahlt", sagt André Engelhardt der Deutschen Presse-Agentur. Insgesamt 16 verschiedene "Ballermann"-Marken haben seine Frau und er inzwischen eintragen lassen. Sie betreiben die "Ballermann-Ranch" und veranstalten im großen Stil "Ballermann-Partys", andere dürften das aber nicht ohne weiteres - und werden darum regelmäßig vom Ehepaar Engelhardt verklagt. "Eine Marke muss man schützen." Rund 400 Prozesse habe er schon geführt, sagt Engelhardt - und alle gewonnen. Im Jahr 2000 entschied sogar der Bundesgerichtshof (BGH) zugunsten des Ehepaares Engelhardt.

Im Prozess in München, in dem das Gericht den Streitwert auf rund 3.000 Euro bezifferte, könnte die Sache Ende September unter Umständen anders ausgehen. "Das wollen wir uns noch einmal durch den Kopf gehen lassen", sagt der Vorsitzende Richter. Denn die früheren Prozesse lägen alle schon einige Zeit zurück. Es sei möglich, dass der Begriff "Ballermann" seither schon so weit in den deutschen Sprachgebrauch eingezogen sei, dass es sich inzwischen um eine Beschreibung handle. Sollte das OLG anders entscheiden als alle Gerichte zuvor, so kündigt der Richter schon einmal an, werde die Kammer die Revision zum BGH zulassen.

Gattungsbezeichnung für Alkoholexzesse

Chris Karl, der Anwalt der ehemaligen Chamer Diskotheken-Betreiberin, gibt zu bedenken, dass der Begriff als Bezeichnung für ein "Gebiet an der Playa de Palma auf Mallorca, das durch eine Vielzahl von Bars, Strandcafés u.Ä. gekennzeichnet ist" auch seit geraumer Zeit im Duden steht. Aus seiner Sicht weckt eine "Ballermann"-Party keine Assoziationen an die Engelhardts, ihre Partys und ihre Ranch, sondern an "Alkoholkonsum aus Eimern mit Strohhalmen und deutschen Schlager, der eher simplere Themen hat", an "Saufen, Schlager und Sommersonne".

"Ein interessanter Fall", sagt der Rechtswissenschaftler Ansgar Ohly, Professor für Wettbewerbsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München. "Normalerweise ist klar: Wer Inhaber einer geschützten Marke ist, kann anderen die Benutzung für die geschützten Waren und Dienstleistungen verbieten und Schadenersatz verlangen, wenn sie es doch tun." Das sei hier ganz offensichtlich der Fall. Die Marke könnte allerdings mittlerweile zur Gattungsbezeichnung geworden sein und deswegen gelöscht werden. 

Beim Deutschen Patent- und Markenamt läuft derzeit ein Antrag auf Eintragung der Marke "Oktoberfest", den die Stadt München eingereicht hat. Eine Entscheidung steht noch aus. Der Freistaat Bayern darf derweil nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs das Recht an der Marke "Neuschwanstein" behalten

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Markenstreit am OLG München: . In: Legal Tribune Online, 06.09.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30805 (abgerufen am: 22.11.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen