LG Erfurt bestätigt einstweilige Verfügung: Thüringer AfD muss "Monitor"-Jour­na­listen zum Par­teitag zulassen

von Dr. Max Kolter und Annelie Kaufmann

17.11.2023

Die AfD wollte verhindern, dass ein Team des ARD-Magazins "Monitor" vom Landesparteitag der AfD Thüringen berichtet. Zu Recht? Über diese Frage gab es am Donnerstag und Freitag ein gerichtliches Hin und Her.

Am Freitagnachmittag begann im thüringischen Pfiffelbach der mehrtägige Parteitag der AfD Thüringen. Der wird im Beisein mehrerer Medienvertreter stattfinden, u.a. des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Auch ein Team des des ARD-Politik-Magazins "Monitor" darf dabei sein, entschied am Freitag das Landgericht (LG) Erfurt im Eilverfahren (v. 17.11.2023, Az. 3 O 1235/23). Der Thüringer AfD-Landesverband hatte zwei "Monitor"-Redakteuren plus Kamerateam nach Anmeldung den Zugang zum Landesparteitag verwehrt. Dagegen ging der für das Magazin zuständige öffentlich-rechtliche Westdeutsche Rundfunk (WDR) mit Erfolg gerichtlich vor, wie ein Sprecher des LG gegenüber LTO bestätigte.

Schon am Donnerstag hatte das LG auf Antrag des WDR per einstweiliger Verfügung angeordnet, dass die "Monitor"-Journalisten doch Zugang bekommen müssen. Anschließend erzwang der Landesverband durch einen Widerspruch eine mündliche Verhandlung vor dem LG, die das Ergebnis aber nicht änderte: "Monitor" darf vom Parteitag berichten.

Das Gericht stützte den Verfügungsanspruch laut Pressesprecher Burkhard Keske auf §§ 826, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch i.V.m. Art. 3 und 5 Grundgesetz. Demnach hat das Monitor-Team des WDR eine Anspruch gegen die Thüringer AfD auf gleiche Teilhabe an Informationsmöglichkeiten über ihre öffentlichen Parteitage wie andere Journalisten auch. 

AfD-Landessprecher kündigt weitere Schritte an

AfD-Landessprecher Stefan Möller kündigte weitere juristische Schritte an. "Damit ist nicht Schluss", so Möller laut dpa. "Die Frage, ob man Hausrecht hat oder nicht, die möchten wir grundsätzlich geklärt haben." Er ließ sich in Pfiffelbach das Gerichtsurteil von den "Monitor"-Journalisten zeigen.

Generell ist umstritten, ob und woraus Journalisten einen Anspruch auf Teilnahme an Parteitagen herleiten können. Am vergangenen Montag hatte NIUS-Journalist Julius Böhm auf X mitgeteilt, er sei nicht zum Bundesparteitag der Grünen zugelassen worden, der kommende Woche in Karlsruhe stattfindet. Sein Akkreditierungsgesuch sei abgelehnt worden, so Böhm. Nachdem bekannt wurde, dass die Thüringer AfD Georg Restles Team abgelehnt hatte, kommentierte Böhm am Mittwoch: "Es ist super peinlo von der #AfD Thüringen, kritische Journalisten nicht zum Parteitag zuzulassen - ebenso wie es von @Die_Gruenen peinlo ist." Die Pressestelle der Grünen wollte sich auf Anfrage von LTO am Freitag nicht zum Fall Böhm und zu Fragen der Akkreditierung äußern.

Wenn zu Parteitagen andere Medien zugelassen werden, kann sich daraus ein Teilnahmeanspruch ergeben. "Insbesondere weil politische Parteien an der demokratischen Willensbildung mitwirken, dürfen sie nicht willkürlich über die Auswahl von Pressevertretern entscheiden", sagt Prof. Dr. Bernd Grzeszick von der Universität Heidelberg. Diesen Maßstäben ist die Auswahlentscheidung der AfD nach Auffassung des LG offenbar nicht gerecht geworden.

"Monitor"-Leiter Georg Restle hatte die Entscheidung der Partei als "Offenbarungseid eines rechtsextremen AfD-Landesverbandes, der zeigt, was die Partei von kritischem Journalismus und Meinungsfreiheit in diesem Land hält", kritisiert und kommentierte weiter: "Die AfD Thüringen hat mit allen rechtlichen Mitteln versucht, unser Monitor-Team von ihrem Parteitag fernzuhalten. Damit sind sie gescheitert. Gut, dass es in Deutschland einen Rechtsstaat gibt, der den Feinden der Presse- und Meinungsfreiheit ihre Grenzen aufzeigt." Der Landessprecher der AfD Thüringen Stefan Möller hingegen betonte auf X, es entspreche dem Interesse der Partei, dass von Parteitagen berichtet werde. Die Akzeptanz ende aber, "wenn überhaupt nicht mehr von einer journalistischen Berichterstattung die Rede sein kann". Möller schrieb auch von "plumper Stimmungsmache". Man habe eine "Schutzpflicht gegenüber unseren Mitgliedern", so Möller weiter: "Nicht jeder ist ein Profi in der Kommunikation". Man wolle nicht dass "Kommunikationsfetzen" ohne Kontext berichtet würden.

Thüringer VerfGH setzte die Verfügung zwischenzeitlich aus

Am Freitag hatte sich auch der Thüringer Verfassungsgerichtshof (VerfGH) mit dem Fall beschäftigt und die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung des LG vorläufig ausgesetzt. Grund war, dass der AfD-Landesverband vor Erlass der einstweiligen Verfügung am Donnerstag nicht angehört worden war. In dem von Möller auf X veröffentlichten Beschluss des LG hatte das Gericht darauf hingewiesen, den Beschluss schon gefällt zu haben, bevor ein erwidernder Schriftsatz der AfD bei Gericht eingegangen war. Der VerfGH hatte zugleich betont, mit seiner einstweiligen Anordnung "keine Entscheidung darüber getroffen" zu haben, "ob und unter welchen Voraussetzungen der Presse ein Zugang zu Parteitagen ermöglicht werden muss oder versagt werden kann." Diese Entscheidung traf am Ende erneut das LG Erfurt.

Angehört wurde die AfD durch Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nun in jedem Fall. Nach Angaben des Gerichtssprechers hatte die AfD zunächst noch einen Befangenheitsantrag gegen die Kammer gestellt, die den Beschluss ohne vorherige Anhörung erlassen hatte. Eine andere Kammer lehnte den Antrag ab, die mündliche Verhandlung konnte daraufhin am Freitagnachmittag stattfinden.

Will die AfD Thüringen den Zugang des "Monitor"-Teams zum Parteitag doch noch verhindern, muss sie gegen das Urteil des LG Berufung einlegen. Dann würde das Thüringer Oberlandesgericht in Jena entscheiden.

Laut dpa sollen Journalistinnen und Journalisten auch anderer Medien beim Landesparteitag nun in einem mit einem Band abgetrennten Bereich arbeiten und hätten keinen freien Zugang zur Bühne oder zum Bereich der Delegierten. Ein AfD-Sprecher sagte, das sei eine Schlussfolgerung aus der Gerichtsentscheidung über die Akkreditierung der "Monitor"-Mitarbeiter. Man müsse allen Journalisten die gleichen Arbeitsbedingungen bieten - daher die Absperrung, sagte der AfD-Sprecher.

Aktualisiert um 19:54. Mit Material der dpa.

Zitiervorschlag

LG Erfurt bestätigt einstweilige Verfügung: . In: Legal Tribune Online, 17.11.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53207 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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