3sat bis Sportrechte: Das ändert sich mit der Rund­fun­k­re­form

27.10.2024

Die Länderchefs schieben eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an. Bei den TV- und Radioprogrammen soll einiges umgebaut werden - mit klaren Fristen. Ein Überblick über die umstrittenen Änderungen. 

Die Ministerpräsidenten haben eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschlossen, die nach Meinung des Hamburger Medienrechtlers Prof. Dr. Wolfgang Schulz in einem Gastbeitrag für LTO wohl auch ein "gutes Stück Reaktion auf populistischen Druck ist".

Wie auch immer, in den nächsten Monaten braucht es für die Reform jedenfalls noch die Zustimmung aller Landtage. Doch wird sich das TV- und Radioprogramm verändern? Nachfolgend einige Beispiele aus dem neuesten Entwurf:

3sat-Inhalte wandern zu Arte

Die beiden Kultursender 3sat und Arte soll es weiterhin als Fernsehprogramme geben. In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen Häusern SRF in der Schweiz und ORF in Österreich sollen Inhalte von 3sat in das Programm und die Mediathek von Arte "überführt" werden. 

Arte könnte perspektivisch eine europäische Plattform werden - die Pläne gibt es schon länger. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) stellte zugleich klar: "Wir haben nicht die Fusion von 3sat und Arte beschlossen." Davor hatte es von vielen Seiten Protest samt Demos und Petition für den Erhalt von 3sat gegeben.

Ab 2027 soll die Zahl der TV-Kanäle, die den Schwerpunkt Information, Bildung und Dokumentation haben, von vier auf zwei reduziert sein. Welche Sender es in der Gruppe mit Phoenix, Tagesschau24, ARD-alpha und ZDFinfo treffen wird, legen die Länder nicht fest. 

KiKA bleibt 

Bei speziellen Angeboten für jüngere Leute sieht die Zukunft ab 2027 so aus: Beim ARD-Kanal One und bei ZDFneo soll es eine Kooperation als ein gemeinsames Angebot geben. Der Kinderkanal KiKA bleibt, ebenso das digitale Angebot Funk für jüngere Leute.

Langfristig streben die Länder an, alle diese Kanäle für Info und Bildung sowie für jüngere Leute mit gleichartigem Inhalt ausschließlich im Netz zu präsentieren. Bis 1. Januar 2033 soll die Ausstrahlung als klassisch fortlaufendes Fernsehprogramm beendet sein. Beim neuen Kooperationsangebot aus One und ZDFneo soll es schon am 1. Januar 2029 so weit sein.

Anzahl der Radioprogramme je nach Landesrecht

Die Anzahl der regionalen Hörfunkprogramme in der ARD soll von rund 70 Wellen auf 53 reduziert werden. Welche Programme wegfallen werden, legt der Entwurf nicht fest. 
Eine ARD-Anstalt soll als Grundwert maximal vier terrestrisch verbreitete Programme anbieten. 

Aber es können mancherorts doch mehr sein: Denn zusätzlich kann das Landesrecht die Regel vorsehen, dass ein ARD-Haus ein weiteres Hörfunkprogramm pro volle sechs Millionen Einwohner im Sendegebiet anbietet. Das ist vor allem für Bundesländer mit hoher Bevölkerung interessant und auch für ARD-Häuser, deren Sendegebiet in mehreren Bundesländern liegt.

"Gedeckelte" Sportübertragungen, Kooperation mit Privaten

Die Kosten für ARD und ZDF für den Kauf der Übertragungsrechte von Sportereignissen dürfen ein "angemessenes Verhältnis zum Gesamtaufwand nicht überschreiten". Im Entwurf wird dieses Verhältnis so gefasst, dass in der Regel fünf Prozent des Gesamtaufwandes von ARD und ZDF einer Beitragsperiode - also vier Jahre - nicht überschritten werden. Diese Größenordnung orientiere sich am Status quo.

Es sollen auch Sportarten und Sportevents von gesellschaftlicher Bedeutung abgebildet werden, die keine so große kommerzielle Vermarktung wie zum Beispiel der Fußball haben. Eine Ausweitung des Sportanteils im Gesamtangebot soll es dadurch nicht geben. 

ARD, ZDF und Deutschlandradio haben den Auftrag, alle Menschen zu erreichen, deswegen sollen sie mit Privatsendern zusammenarbeiten können. Öffentlich-rechtliche Inhalte könnten bei den Privaten zum Beispiel auf Webseiten verlinkt oder eingebettet werden, um die Reichweite zu erhöhen. Die Länder sehen dadurch auch einen Effekt für die Privaten, weil das dortige Portfolio gestärkt werde.

Abgrenzung zu Presseangeboten 

Die öffentlich-rechtlichen Sender dürfen im Internet nicht zu viele Texte anbieten, ihr Schwerpunkt muss auf Bewegtbild und Ton liegen. Die Länder haben die Regeln dazu nun geschärft. Die ARD hatte zuletzt noch versucht, die gesetzliche Schärfung durch die Alternative einer Selbstverpflichtung der Rundfunkhäuser zu vermeiden.

Hintergrund der Abgrenzung ist, dass das Angebot von privaten Verlagen und Medienhäusern, die ihren Schwerpunkt auf Text haben, im Sinne der Medienvielfalt gestärkt werden soll. Die Verlagshäuser werfen besonders der ARD vor, ihnen im Netz mit zu viel Text unerlaubt Konkurrenz zu machen. 
Unter bestimmten Voraussetzungen sind Textangebote laut Entwurf trotzdem für ARD, ZDF und Deutschlandradio im Netz möglich. Beispiele: Schlagzeilen zu aktuellen Ereignissen, Live-Ticker und begleitende Echtzeitberichterstattung, Faktenchecks oder Angebotsübersichten. Zudem können Texte veröffentlicht werden, die einen Bezug zu einer bereits ausgestrahlten Sendung haben. Diese Sendung darf nicht älter als vier Wochen sein. 

Eilmeldung nur noch als Schlagzeile? 

Auf Drittplattformen - also etwa Social-Media-Kanäle wie Instagram - gilt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch das grundsätzliche Verbot der sogenannten Presseähnlichkeit. Aber dort sind die Anforderungen der Länder nicht so spezifisch und detailliert.

Laut Einschätzung des ZDF wären mit einer derartigen reform die Folgen für die digitalen Ausspielwege von ARD und ZDF massiv: "Zunächst könnten Plattformen wie tagesschau.de und ZDFheute nicht mehr in der gewohnten Schnelligkeit informieren. Eine Eilmeldung dürfte zwar als Schlagzeile vermeldet werden. Hintergründe könnten aber unter Umständen erst Stunden später nachgereicht werden - zumal die Produktion von Videos und Audios mehr Zeit erfordert als Text, der zeitnah und barrierearm publiziert werden kann", heißt es in einem FAQ des Senders zur Reform.

ZDF-Intendant: Schwierige Botschaften 

Entsprechend kritisch äußert sich der ZDF-Intendant Dr. Norbert Himmler über die Pläne: "Uns stehen weniger Ausspielwege zur Verfügung für die Zukunft. Und die Möglichkeiten, junge Menschen insbesondere mit Online-Informationen zu versorgen, werden eingeschränkt. Und - für uns besonders problematisch - die zukünftige Finanzierung ist noch überhaupt nicht geklärt. Das sind drei schwierige Botschaften in einer Zeit, in der ich fest davon überzeugt bin, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen." 

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat die Reformpläne der Ministerpräsidenten für den Rundfunk dagegen begrüßt. Zwar habe er sich eine Verständigung auf Finanzierung gewünscht, doch: "Sehr positiv ist aber die Einigung darauf, dass ARD, ZDF
und Deutschlandradio in Zukunft noch digitaler, schlanker und moderner werden."

Wird es ein neues Rundfunkurteil geben?

Am Horizont naht derweil eine erneute Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts durch die Anstalten. Denn die Sparmaßnahmen wirken sich nicht sofort aus, so dass ohne Beitragserhöhung im nächsten Jahr nach Einschätzung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Anstalten eine Unterfinanzierung droht. Erst vor drei Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht das Unterlassen des Landes Sachsen-Anhalt einer Beitragserhöhung zuzustimmen, für verfassungswidrig erklärt (LTO berichtete)

hs/fz/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

3sat bis Sportrechte: . In: Legal Tribune Online, 27.10.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55722 (abgerufen am: 28.10.2024 )

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