Am Sonntag hat Sachsen gewählt. 41 Sitze bekommt die AfD, hieß es noch am Wahlabend. An der Berechnung gab es kurze Zeit später Zweifel, nun hat der Wahlleiter korrigiert: Es wird ein Sitz weniger – mit politisch weitreichender Bedeutung.
Bei der Landtagswahl in Sachsen am vergangenen Sonntag hat die AfD fast ein Drittel der Sitze im Parlament gewonnen. Laut vorläufigem Endergebnis vom Sonntagabend erreichte die Partei 30,6 Prozent der Stimmen, was ihr nach ersten Berechnungen 41 von insgesamt 120 Sitzen im Sächsischen Landtag gesichert hätte. Dies hätte der AfD die sogenannte Sperrminorität verschafft, mit der sie künftige politische Entscheidungen hätte blockieren können.
Kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses kamen jedoch Zweifel daran auf, ob es bei der Sitzverteilung einen Rechenfehler gegeben haben könnte. Mehrere Parteien, Wahlrechtler und Politikexperten äußerten diese Bedenken, wie die Leipziger Volkszeitung zuerst berichtete.
Diese Zweifel wurden am Montagmorgen bestätigt, der Landeswahlleiter Sachsen korrigierte das Ergebnis: Die AfD erhält demnach nur noch 40 statt 41 Sitze. Grund für den Rechenfehler soll ein Software-Fehler gewesen sein.
Auf den einen Sitz kommt es an: Sperrminorität verpasst
Auf diesen einen Sitz kommt es an: Mit 41 von 120 Sitzen wären über ein Drittel der Sitze an die als rechtsextrem eingestufte AfD gegangen, wodurch sie über eine Sperrminorität verfügt hätte. Diese hätte es der Partei ermöglicht, bestimmte Entscheidungen zu blockieren, etwa Verfassungsänderungen oder die Besetzung bestimmter Richterposten, denn dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Genau dieser eine Sitz, der die Sperrminorität hergestellt hätte, wurde der AfD aufgrund eines veralteten Verfahrens fälschlicherweise zugerechnet, wie nun bekannt wurde. Nach dem korrekterweise anzuwendenden Verfahren, dem sogenannten Sainte-Laguë-Verfahren, erhält die AfD einen Sitz weniger.
Die Nachberechnung erhitzt die Gemüter, vor allem in den sozialen Medien wird bereits fleißig diskutiert. Ob sich der Wahlleiter Sachsen dazu noch erklären wird, war bis zur Veröffentlichung des Artikels nicht bekannt.
Staats-, Verfassungs- und Wahlrechtler Dr. Sebastian Roßner sagt in einer ersten Einschätzung gegenüber LTO: "Generell ist eine Berichtigung 'vorläufiger Wahlergebnisse' nicht so ungewöhnlich. § 57 Abs. 4 der Landeswahlordnung (LWO) Sachsen sieht die Ermittlung eines solchen vorläufigen Wahlergebnisses vor." Nach § 63 LWO Sachsen werde danach das endgültige Wahlergebnis festgestellt und durch den Landeswahlleiter bekannt gegeben. "Ungewöhnlich ist allerdings, dass der Fehler im vorläufigen Wahlergebnis auf einer Berechnung beruhen soll, die deshalb falsch ist, weil sie nach einem veralteten Berechnungsverfahren durchgeführt worden sei", schätzt Roßner die Lage nach derzeitigem Kenntnisstand zu dem Vorfall ein.
Der alten Regierung nützt die Neuberechnung nicht
Der aktuellen Regierung nützt die Nachberechnung nichts: Die bisherige Koalition von CDU, Grünen und SPD hat auch mit den neu berechneten Sitzen weiterhin keine Mehrheit im neuen Landtag.
Nach dem vorläufigen Ergebnis wurde die CDU mit 31,9 Prozent der Stimmen knapp stärkste Kraft vor der AfD, die mit 30,6 Prozent auf Rang zwei kam. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) schaffte aus dem Stand 11,8 Prozent und dürfte bei der künftigen Regierungsbildung ein Wort mitreden. Die SPD erhielt 7,3 Prozent, die Grünen liegen bei 5,1 Prozent. Die Linken schafften es mit 4,5 Prozent nur in den Landtag, weil sie in Leipzig zwei Direktmandate holten – dann greift eine Klausel, wonach sie entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis ins Parlament einziehen, obwohl sie unter der Fünf-Prozent-Hürde lagen.
xp/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
Neuberechnung nach Landtagswahl in Sachsen: . In: Legal Tribune Online, 02.09.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55313 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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