Im Rechtsstreit über die Räumung des Hambacher Forsts im Jahr 2018 macht die Stadt Kerpen einen Rückzieher. Eine zweite Runde vor dem OVG Münster wird es wohl nicht mehr geben.
Der Stadtrat Kerpen votierte am Dienstagabend mit knapper Mehrheit dafür, auf Rechtsmittel zu verzichten, wie ein Stadtsprecher sagte. Zuvor hatte der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet.
Die Stimmen von Grünen, SPD, Linken und von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) reichten für eine Mehrheit, die FDP enthielt sich. Die CDU, AfD und das Bürger Bündnis Kerpen (BBK) wollten hingegen an der Berufung festhalten.
Im September 2018 räumte die Polizei den von Klimaschutzaktivisten besetzten Wald, der am Rande eines Braunkohle-Tagebaus liegt und eigentlich gerodet werden sollte. Die NRW-Landesregierung hatte die Stadt Kerpen und den Kreis Düren damals angewiesen, die von Braunkohlegegnern errichteten Baumhäuser zu räumen. Begründet wurde dies mit Brandschutz. Laut einer Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts vom September dieses Jahres war die Räumung unter dieser Begründung aber rechtswidrig.
Zunächst sah es so aus, als wollte Kerpen in dem Rechtsstreit eine nächste juristische Runde einläuten: Vor gut zwei Wochen beantragte die Stadt die Zulassung auf Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster. Doch nach dem Votum des Stadtrats steht nun fest, dass Kerpen auf die Berufung verzichtet. Auf Nachfrage von LTO erklärte die Sprecherin des OVG Münsters, dass der Antrag auf Berufung durch die Stadt noch nicht zurückgenommen worden sei. Es laufe hierfür auch noch die Begründungsfrist.
Die stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion im NRW Landtag, Sven Wolf und Christian Dahm, beziehen Stellung in dem Konflikt: "Es war von Anfang an falsch, dass die Landesregierung gesellschaftliche Konflikte mit Argumenten des Brandschutzes lösen wollte. Das hat mit staats- und gesellschaftspolitischer Verantwortung nichts zu tun." Die Situation sei eine riesige Blamage für die Minister Scharrenbach und Reul, so die stellvertretenden Vorsitzenden.
Wie das - formal nicht am Prozess beteiligte - Land NRW auf die Entscheidung des Kerpener Stadtrates reagiert ist unklar.
dpa/cp/LTO-Redaktion
Stadt Kerpen verzichtet auf Berufung: . In: Legal Tribune Online, 27.10.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46468 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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