Asylverfahrensgesetz: Sachsen will junge Richter entscheiden lassen

07.04.2015

Es kann eine Entscheidung über Leben und Tod sein, die ein Verwaltungsrichter in Asylverfahren treffen muss. Sachsen will zukünftig auch junge Richter ab ihrem ersten Arbeitstag als Einzelrichter in Asylverfahren entscheiden lassen. Pro Asyl ist skeptisch.

Pro Asyl hält den Vorschlag der sächsischen Landesregierung, junge Richter von ihrem ersten Tag an alleine über Asylverfahren entscheiden zu lassen, für eine schlechte Idee. "Da kann es um Leben und Tod gehen. Dazu braucht es nicht nur gute juristische Kenntnisse, sondern auch eine gewisse Praxis- und Lebenserfahrung", sagte der stellvertretende Vorsitzende von Pro Asyl Hubert Heinhold.

Sachsen hatte Ende März einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, nach dem Proberichter bereits ab dem Tag ihrer Ernennung als Einzelrichter über Asylsachen entscheiden können sollen. Derzeit sieht § 76 Absatz 5 des Asylverfahrensgesetzes noch vor, dass Richter in den ersten sechs Monaten nach ihrer Ernennung nicht als Einzelrichter eingesetzt werden dürfen.

Der Vorsitzende des Vereins der sächsischen Verwaltungsrichter, Hanns-Christian John, sieht die Initiative positiv. Proberichter könnten damit flexibler auch auf die Verwaltungsgerichte verteilt und Asylverfahren so schneller bearbeitet werden.

"Entscheidung hat eine enorme persönliche Tragweite"

John berichtete allerdings auch, dass junge Richter durchaus die Last der Verantwortung spürten. Leicht fielen ihm Asylsachen bis heute nicht, sagt etwa Mischa Hecker, der am Verwaltungsgericht Chemnitz als Proberichter arbeitet. "Da steht ein heftiges Schicksal dahinter und meine Entscheidung hat eine enorme persönliche Tragweite."

Mit dem Eindruck, den ein Asylsuchender im Gerichtssaal mache, stehe man alleine da, sagte Hecker. Das Urteil darüber, ob jemand lügt oder die Wahrheit sagt, könne einem niemand abnehmen. Wenn man seinen Beruf und die Verantwortung, die damit einhergehe, ernst nehme, dann könne man aber auch vom ersten Tag an alleine über Asylsachen entscheiden, so Hecker.

Anders als mit mehr Personal könnten Asylverfahren an den Gerichten wegen der richterlichen Unabhängigkeit nicht beschleunigt werden, sagte der Sprecher des sächsischen Justizministeriums Jörg Herold.

Mehr Potenzial gebe es eher beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, meinte auch Heinhold von Pro Asyl. Er plädierte außerdem dafür, "unsichere Herkunftsstaaten" zu definieren. Wer etwa nachweisen könne, dass er Syrer sei, sollte ohne weitere Detailprüfung Asyl bekommen.

dpa/mbr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Asylverfahrensgesetz: . In: Legal Tribune Online, 07.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15163 (abgerufen am: 18.11.2024 )

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