BVerwG zu Schwangerenberatung: Caritas muss sein

von Tanja Podolski

25.06.2015

Die Schwangerenberatung der Caritas muss öffentlich gefördert werden. Und zwar auch, wenn sie keine Scheine für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch ausstellt. So hat es am Donnerstag das BVerwG entschieden.

Die Versagung der staatlichen Finanzierung durch das Land Brandenburg für zwei Beratungsstellen der Caritas in Cottbus und Strausberg war rechtswidrig, urteilte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Donnerstag (Az: 3 C 1.14, 3 C 2.14, 3 C 3.14 und 3 C 4.14).

Ein Land dürfe die öffentliche Förderung von katholischen Schwangerenberatungsstellen nur ablehnen, wenn und soweit die Beratungsstellen zur Sicherstellung eines ausreichenden pluralen und wohnortnahen Beratungsangebots nicht erforderlich sind, so das Gericht.

Förderung auch ohne Konfliktberatung

Anders als andere Träger bietet der katholische Wohlfahrtsverband keine Konfliktberatung an. Frauen erhalten dort keinen Beratungsschein, der einen straffreien Schwangerschaftsabbruch ermöglicht. Das Land Brandenburg hatte daher zwei Beratungsstellen in Cottbus und Strausberg die staatliche Finanzierung versagt. Es gebe genug andere Angebote, hieß es. Daher würden nach § 3 des Landesausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz (BbgAGSchKG) jene Träger bevorzugt, die neben der allgemeinen Beratung nach § 2 SchKG auch die Schwangerschaftskonfliktberatung nach den §§ 5 ff. SchKG vornehmen und die Beratungsbescheinigung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch ausstellten.

Die Caritasverbände klagten gegen das Land. "Der Caritas geht es bei der Auseinandersetzung mit dem Land Brandenburg um grundlegende Positionen", erklärte Thomas Gleißner, Sprecher des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin. "Dass die katholische Kirche und ihre Caritas für den Lebensschutz eintreten, ist unsere Grundüberzeugung." Die Caritas-Beratung müsse gefördert werden, weil das Gesetz ein "plurales Beratungsangebot" vorsehe.

Weltanschauliche Vielfalt erforderlich

Schon in der Vorinstanz beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte die Caritas mit dieser Argumentation Recht bekommen (Urt. v. 05.12.2013, Az. 6 B 48.12, 49.12, 50.12, 51.12). Die OVG-Richter waren der Ansicht, dass ein "weltanschaulich vielfältiges Beratungsangebot" gesetzlich gefordert sei. Der Bedarf sei nicht schon dann gedeckt, wenn der im Schwangerschaftskonfliktgesetz festgeschriebene Mindestversorgungsschlüssel von einer Beratungskraft auf 40 000 Einwohner eingehalten werde.

Das BVerwG bestätigte nun diese Einschätzung. Die Auslegung des § 3 BbgAGSchKG sei zutreffend und verstoße nicht gegen Bundesrecht. Der Vorrang der Konfliktberatungsstellen käme erst zum Tragen, wenn das vorhandene Beratungsangebot auch den Kriterien der Wohnortnähe und Trägervielfalt gerecht werde.

Ziel des SchKG sei es, Mindeststandards für die weltanschauliche Vielfalt des Beratungsangebots sicherstellen. Zwar existierten bereits zwei Beratungsstellen mit unterschiedlicher Weltanschauung. Allerdings gebe es keine katholische – und damit würde eine gesellschaftlich relevante Gruppe nicht berücksichtigt, obwohl eine entsprechende Nachfrage vorhanden sei.

Nachzahlung in Millionenhöhe

Für die Caritas geht es in dem langwierigen Rechtsstreit inzwischen um viel Geld. Seit 2007 seien vom Land Zuwendungen in Höhe von 1,59 Millionen Euro vorenthalten worden, erklärte Gleißner. Nun muss das Land Brandenburg das Geld nachzahlen.

Bundesweit gebe es rund 300 katholische Schwangerenberatungsstellen, sagte Claudia Beck, Sprecherin des Deutschen Caritas-Verbandes. "Wir erleben einen steigenden Bedarf an Beratungen." 2014 seien mehr als 105.000 Beratungsgespräche geführt worden, drei Jahre zuvor waren es dagegen knapp 98.000. "Wir haben dabei eine ganz klare Haltung im Sinne des ungeborenen Kindes." 1999 hatten die deutschen katholischen Bischöfe den Ausstieg aus der Schwangerenkonfliktberatung beschlossen.

Das Verwaltungsgericht hatte die Klagen abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat ihnen stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den Klägern die Förderung in der beantragten Höhe - insgesamt gut 70.000 Euro für die Beratungseinrichtung in Cottbus (volle Personalstelle) und gut 35.000 Euro für die Einrichtung in Strausberg (halbe Stelle) - auszuzahlen.

tap/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, BVerwG zu Schwangerenberatung: . In: Legal Tribune Online, 25.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15991 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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