JuMiKo zu §§ 218ff. StGB: Länder wollen Schwan­ger­schafts­ab­bruch libe­ra­li­sieren

04.06.2024

Auf der anstehenden Justizministerkonferenz schlagen drei Länder vor, Abtreibungen zu entkriminalisieren. Damit folgen sie den Empfehlungen einer Expertenkommission.

Sachsen, Hamburg und Niedersachsen schlagen auf der am 5./6. Juni stattfindenden Justizministerkonferenz (JuMiKo) eine zeitnahe Reform des Schwangerschaftsabbruchs im Strafrecht (§§ 218ff. Strafgesetzbuch, StGB) vor.

Der Vorschlag steht im Kontext zu den Empfehlungen einer von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission, die kürzlich ihren Abschlussbericht vorgestellt und sich darin für eine umfassende Liberalisierung ausgesprochen hatte, was nicht ohne Kritik blieb.

Laut einer weiteren Studie, auf die sich die Länder in ihre Beschlussvorschlag berufen, wirkt sich die Pönalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase negativ auf die gesundheitliche Versorgung von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen wollen, aus. In Frankreich wurde das Abtreibungsrecht kürzlich in den Verfassungsrang erhoben.

Die drei Länder sind insoweit der Ansicht, dass der "Kernbereich der persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung sowie der Persönlichkeitsentfaltung einer Frau" größere Beachtung finden müsse. Die Pönalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sei jedenfalls innerhalb der ersten zwölf Wochen "nicht mit völker-, europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben für den Schutz schwangerer Frauen vereinbar", so der Beschlussvorschlag.

"Stigma der Kriminalität"

Konkret bitten die drei Länder Bundesjustziminister Marco Buschmann (FDP) darum, bis zur nächsten JuMiKo im Herbst in Zusammenarbeit mit dem BMG und dem BMFSFJ konkrete Vorschläge zur gesetzgeberischen Umsetzung der Empfehlungen der Expertenkommission auszuarbeiten. Dazu sollen insbesondere drei Punkte geprüft und berücksichtigt werden: erstens das Ersetzen der Zwangsberatung durch einen Beratungsanspruch und zweitens die Verpflichtung von Ärzten zum Bereitstellen von umfassenden Informationen. Drittens soll im Hinblick auf eine mögliche Fristenregelung außerhalb des StGB die Situation von Frauen berücksichtigt werden, deren Schwangerschaft in Folge einer Sexualstraftat entstanden ist.

Die sächsische Justizministerin, Katja Meier (Grüne), sagt hierzu: "Der Schutz und die Achtung der Menschenwürde gebieten es, dass Frauen in Deutschland in den ersten zwölf Wochen ihrer Schwangerschaft eigenverantwortlich und legal über den Abbruch dieser Schwangerschaft entscheiden können. Die derzeit geltende Rechtslage lässt das nicht zu und muss daher reformiert werden". Meier betont, die derzeitige Rechtslage belege die schwierige Entscheidung eines Schwangerschaftsabbruchs mit dem "Stigma der Kriminalität" und löse gerade nicht den Konflikt zwischen ungeborenem Leben und der Selbstbestimmung der Frau.

Auch Dr. Kathrin Wahlmann (SPD), Justziministerin in Niedersachsen und Vorsitzende der JuMiKo, bekräftigt: "Das scharfe Schwert des Strafrechts ist nicht das richtige Mittel, um das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und den Schutz ungeborenen Lebens in ein ausgewogenes Gleichgewicht zu bringen". Deshalb müsse die Zulässigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb der ersten zwölf Wochen künftig außerhalb des StGB geregelt werden. Frauen hätten "schon viel zu lange auf eine ausgewogene Regelung gewartet", so Wahlmann.

jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

JuMiKo zu §§ 218ff. StGB: . In: Legal Tribune Online, 04.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54697 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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