Das BVerfG hat per einstweiliger Anordnung entschieden, dass der "Bierdosen-Flashmob für die Freiheit" in Passau stattfinden darf - obwohl der dafür vorgesehene Platz in privatem Eigentum steht.
Im Wege der einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht (BverfG) festgestellt, dass der für Montag, 20. Juli 2015, zwischen 18:15 und 18:30 Uhr auf dem Nibelungenplatz in Passau geplante "Bierdosen-Flashmob für die Freiheit" durchgeführt werden darf (Beschl. v. 18.07.2015, Az. 1 BvQ 25/15). Zivilgerichtliche Entscheidungen, die unter anderem das von der privaten Eigentümerin des Nibelungenplatzes ausgesprochene Hausverbot bestätigt hatten, hat die Kammer zu wesentlichen Teilen aufgehoben.
Die einstweilige Anordnung der Kammer beruht auf einer Folgenabwägung. Sie ist insofern bemerkenswert, als es bislang an gefestigter Rechtsprechung des BVerfG zur Inanspruchnahme von öffentlich zugänglich gemachten, aber in privater Hand gehaltenen Grundstücken für Versammlungen fehlt, und eine inhaltlich abschließende Entscheidung im Eilverfahren naturgemäß nicht möglich war.
Die Veranstalter beabsichtigen, am Montagabend eine stationäre öffentliche Versammlung durchzuführen. Der Nibelungenplatz in Passau steht im Eigentum einer GmbH & Co. KG, ist aber an einer Fußgängerzone gelegen und für den Publikumsverkehr geöffnet.
Mit der geplanten Versammlung unter dem Motto "Bierdosen-Flashmob für die Freiheit" soll auf das Schwinden des staatlichen Gewaltmonopols sowie auf eine zunehmende Beschränkung von Freiheitsrechten hingewiesen werden. Auf Kommando "Für die Freiheit - trinkt AUS!" sollen die Versammlungsteilnehmer jeweils eine Dose Bier öffnen und diese schnellstmöglich leer trinken. Anschließend sollen ein Redebeitrag des Antragstellers und eine Diskussion folgen.
Kein Hausrecht gegen Versammlung
Anträge des Antragstellers, unter anderem ein von der Platzeigentümerin ausgesprochenes Hausverbot für die Dauer der Versammlung aufzuheben, lehnten das Amts- und das Landgericht ab.
Das BVerfG führte nun aus, dass die GmbH & Co. KG als private Grundstückseigentümerin nicht wie die staatliche Gewalt unmittelbar an Grundrechte gebunden sei. Dennoch würden die Grundrechte als objektive Prinzipien rechtliche Wirkungen entfalten. Die Versammlungsfreiheit sei im Wege der mittelbaren Drittwirkung nach Maßgabe einer Abwägung zu beachten. Je nach Fallgestaltung könne dies einer Grundrechtsbindung des Staates nahe oder auch gleich kommen.
Für den Schutz der Kommunikation käme das insbesondere dann in Betracht, wenn private Unternehmen die Bereitstellung von Räumen, in welchen öffentliche Kommunikation stattfindet, selbst übernehmen und damit in Funktionen eintreten, die früher in der Praxis allein dem Staat zugewiesen waren. Jedoch konnte sich das Gericht im Eilverfahren nicht dazu äußern, was hieraus im Einzelnen folgt.
acr/LTO-Redaktion
BVerfG zu Versammlung auf Privateigentum: . In: Legal Tribune Online, 20.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16286 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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