Kanzler Scholz möchte sich mit der Neuwahl Zeit lassen, Unionsfraktionschef Merz drückt aufs Tempo. Bleibt es bei der Vertrauensfrage erst am 15. Januar? Die Bundeswahlleiterin ist jedenfalls bereit und signalisiert: Wir können starten.
Die Ampel-Koalition ist am Ende: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen und ihm vorgeworfen, die politische Verantwortung vernachlässigt zu haben. Lindner hingegen spricht von einem "kalkulierten Bruch der Koalition". Als Reaktion auf die Spannungen plant Scholz, dem Bundestag am 15. Januar die Vertrauensfrage zu stellen, um daraufhin eine Neuwahl Ende März anzusetzen. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) kritisiert diesen Zeitrahmen scharf und fordert Scholz auf, die Vertrauensfrage "spätestens Anfang nächster Woche" zu stellen, um eine vorgezogene Wahl bereits für die zweite Januarhälfte zu ermöglichen.
Doch ist ein solch kurzfristiger Wahltermin überhaupt machbar? Die Bundeswahlleiterin, die für die Organisation und Durchführung der Wahlen in Deutschland zuständig ist, sieht keine Hindernisse für eine rasche Neuwahl. Ein Sprecher ihrer Behörde erklärte, die organisatorischen Vorbereitungen könnten ebenso kurzfristig getroffen werden wie bei regulären Wahlen. Die Bundeswahlleiterin sorgt dafür, dass alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten und die Wahl ordnungsgemäß durchgeführt wird. Rechtlich seien die erforderlichen Fristen klar geregelt, eine Neuwahl innerhalb weniger Wochen sei ohne Weiteres durchführbar. Nach Art. 39 Abs. 1 S. 4 Grundgesetz (GG) müsste eine Neuwahl spätestens 60 Tage nach der Auflösung des Bundestages stattfinden.
Vertrauensfrage als Mittel zur Auflösung des Bundestages
Kanzler Scholz plant, die Vertrauensfrage als Mittel zur Auflösung des Bundestages zu nutzen. Anfang Januar 2025 will er dem Bundestag die Frage nach seinem Vertrauen stellen und – sollte die Mehrheit ihm dieses wie geplant verweigern – den Bundespräsidenten um die Auflösung des Parlaments bitten. In diesem Fall könnte Frank-Walter Steinmeier den Bundestag auflösen und den Weg zu Neuwahlen freimachen.
Steinmeier, der als Bundespräsident über diese Entscheidung zu befinden hat, rief alle politisch Handelnden zu Vernunft auf und machte deutlich, dass er bei seiner Entscheidung klare Kriterien anlegen werde: "Unser Land braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. Das wird mein Prüfungsmaßstab sein", erklärte er. Zudem betonte er, dass das Ende einer Koalition nicht das Ende der Welt sei und dass Deutschland in der Lage sei, diese Krise zu überwinden.
Ein Blick zurück zeigt Parallelen: 2005 führte die von Kanzler Gerhard Schröder angestoßene Vertrauensfrage ebenfalls zur Auflösung des Bundestages und einer vorgezogenen Wahl. Damals lag jedoch ein Zeitraum von rund vier Monaten zwischen Schröders Ankündigung und dem Wahltermin. Im aktuellen Fall zeichnet sich ein deutlich kürzerer Zeitplan ab.
Klarheit könnte das Gespräch zwischen Scholz und Merz am Donnerstag im Kanzleramt bringen. Beide werden über das weitere Vorgehen beraten.
xp/LTO-Redaktion
Mit Material von dpa
Bruch der Ampel-Koalition: . In: Legal Tribune Online, 07.11.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55811 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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