BAG zur Air-Berlin-Insolvenz: Keine Abfin­dungen für Kabi­nen­per­sonal

21.01.2020

Abfindungsverhandlungen kamen zu keinem Ergebnis. Nachdem dem Kabinenpersonal daraufhin gekündigt worden war, klagten die ehemaligen Mitarbeiter – und scheiterten damit nun vor dem BAG in letzter Instanz.

Die Mitarbeiter im Bereich Kabinenpersonal, die infolge der Insolvenz der Fluggesellschaft Air Berlin entlassen wurden, haben keinen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in mehreren, parallelen Verfahren (Urt. v. 21.1.2020, Az.: 1 AZR 149/19, 1 AZR 295/19).

Anfang Oktober 2017 informierte Air Berlin die Personalvertretung "Kabine" über die geplante Stilllegung des Geschäftsbetriebes. Es begannen dann wie im Tarifvertrag vorgesehen Verhandlungen über Abfindungen. Die Verhandlungen blieben jedoch erfolglos und es wurde die Einigungsstelle angerufen. Nachdem diese sich jedoch für unzuständig erklärte, kündigte der Insolvenzverwalter von Air Berlin im Januar 2018 den Mitarbeitern betriebsbedingt. 

Diese klagten sodann auf Zahlung einer Abfindung. Sie beriefen sich dazu auf einen mit Verdi geschlossenen Tarifvertrag. Danach ist den Arbeitnehmern ein Nachteilsausgleich zu zahlen, wenn eine geplante Betriebsänderung durchgeführt wird, ohne dass versucht wird, mit der Personalvertretung einen Interessenausgleich zu finden, und sie in Folge der Betriebsänderung entlassen werden. Die Betriebsänderung, so das klagende Personal, sei bereits mit der Kündigung der Piloten im November 2017 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Interessenausgleich mit der Personalvertretung "Kabine" aber noch nicht hinreichend versucht gewesen. 

Nachdem schon die Vorinstanzen die Klagen abgewiesen hatten, folgte nun auch der erste Senat des BAG dieser Argumentation nicht. Der Tarifvertrag wolle zwar gerade die Verletzung des personalvertretungsrechtlichen Verhandlungsanspruches sanktionieren. Dabei gehe es jedoch nur um kabinenpersonalbezogene Maßnahmen, der Tarifvertrag habe ja gerade nur Geltung für das Kabinenpersonal inne. Dass zu diesem Zeitpunkt auch die Piloten gekündigt worden waren, habe daher in diesem Fall keine Auswirkungen.

Wird auch noch der Große Senat entscheiden?

Insgesamt seien beim höchsten deutschen Arbeitsgericht in Erfurt etwa 450 Klagen von Flugbegleitern von Air Berlin auf Abfindungen angekommen, sagte ein Gerichtssprecher. Hunderte weitere Verfahren liegen nach Schätzung von Juristen bei den Arbeits- und Landesarbeitsgerichten. Zum Zeitpunkt der Insolvenz im August 2017 soll Air Berlin etwa 8.600 Mitarbeiter beschäftigt haben, darunter etwa 3.500 Flugbegleiter.

In den nächsten Wochen wird das BAG noch über weitere ähnliche Klagen von ehemaligen Air-Berlin-Mitarbeitern entscheiden. Mitte und Ende Februar entscheiden der sechste und der achte Senat über Klagen von Piloten. Die hatten zwar Abfindungen erhalten, sind aber davon überzeugt, dass ihnen auf die erfolgte Art und Weise nicht hätte gekündigt werden dürfen. Abzuwarten bleibt, ob die verschiedenen Senate zu den gleichen Ergebnissen kommen werden. Wenn nicht, wird der Große Senat zu entscheiden haben.

ast/dpa/LTO-Redaktion
 

Zitiervorschlag

BAG zur Air-Berlin-Insolvenz: . In: Legal Tribune Online, 21.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39805 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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