Der Bund für Umwelt und Naturschutz ist mit seinem Versuch, den Braunkohletagebau Hambach zu stoppen, vor dem VG Köln gescheitert. Das Gericht wies die Klage des Umweltverbands am Freitag ab.
Dieter Sellner (© Redeker)
Der Weg für die umstrittenen Rodungen im Hambacher Wald und die Fortführung des Braunkohletagebaus ist nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln frei. Das Gericht wies eine Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) ab (Urt. v. 24.11.2017, Az.:14 K 1282/15). Die Naturschützer wollten die Fortführung des Tagebaus und die anstehenden Rodungen im uralten Hambacher Wald verhindern. Gegen das Urteil protestierten Braunkohlegegner lautstark im Gerichtssaal.
Die Rodungen würden "zeitnah" beginnen, sagte ein Sprecher des Energiekonzerns RWE. Der BUND indes reichte nach eigenen Angaben direkt nach der Urteilsverkündung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW in Münster einen Antrag auf Erlass einer Verfügung auf einen Rodungsstopp im Hambacher Wald ein. Damit will der BUND erreichen, dass die Rodungen zumindest solange untersagt werden, bis das OVG in dem dort anhängigen Eilverfahren gegen die Zulassung des Hauptbetriebsplans eine Entscheidung getroffen hat. Zudem will der BUND einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG einreichen.
BUND argumentiert mit fehlenden Umweltprüfungen
Gegenstand des Verfahrens vor dem VG Köln waren die Zulassungen des Hauptbetriebsplans bis 2017 und des 3. Rahmenbetriebsplans bis 2030 mit zwei Bescheiden von Ende 2014 durch das Land Nordrhein-Westfalen. Der Hauptbetriebsplan erlaubt unter anderem die sogenannte Vorfeldräumung und Waldrodung. Er erfasst Teile des Hambacher Forsts.
Ein zentraler Einwand der Naturschützer war, dass die Zulassungen beider Betriebspläne rechtswidrig seien, weil erforderliche Umweltprüfungen nicht durchgeführt worden seien. Das VG folgte dieser Ansicht jedoch nicht. Es betonte, dass das Gesamtvorhaben vor Inkrafttreten der einschlägigen Vorschriften begonnen worden sei und im Übrigen auch umfangreiche Umweltprüfungen durchgeführt worden seien.
Schwerpunkt des Verfahrens waren Fragen des Europäischen Naturschutzrechts. Aus Sicht des BUND hätten die Zulassungen nicht erteilt werden dürfen, weil es sich bei dem Hambacher Forst um ein potenzielles FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) handele, das fehlerhaft nicht als Schutzgebiet gemeldet worden sei. Auch sei der Hambacher Forst wegen des Vorkommens an Mittelspechten ein faktisches Vogelschutzgebiet, das nicht in Anspruch genommen werden dürfe. Ferner seien auch artenschutzrechtliche Anforderungen verletzt worden.
VG: Rodung verstößt nicht gegen Umweltrecht
Mit keinem dieser Einwände setzte sich der BUND durch. Der Rahmenbetriebsplan Hambach für die Jahre 2020 bis 2030 und der Hauptbetriebsplan bis 2017 seien rechtmäßig, stellten die Richter in der mündlichen Urteilsbegründung fest. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig. Die Rodung des Hambacher Waldes verstoße nicht gegen europäisches Umweltrecht.
Der Wald habe zwar eine besondere Wertigkeit, aber für den Erhalt der dort vertretenen Lebensraumtypen und Arten seien andere Gebiete für das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 gemeldet worden. Deshalb sah das VG auch keine Veranlassung, der Anregung des BUND zu folgen und den Europäischen Gerichtshof zur Klärung weiterer Fragen in einem Vorabentscheidungsverfahren anzurufen.
RWE und Land hatten zuvor Vergleich abgelehnt
Der Vorsitzende Richter Holger Mauerer bedauerte vor dem Richterspruch, dass die Beigeladene RWE, vertreten durch Redeker Sellner Dahs, und das beklagte Land Nordrhein-Westfalen, das von der Leipziger Kanzlei Dammert & Steinforth vertreten wurde, einen Kompromissvorschlag des Gerichts abgelehnt hatten. Nur der BUND hatte Bereitschaft für einen Vergleichsvorschlag signalisiert, die Abbaugrenzen zu verschieben und den Hambacher Wald zu verschonen.
Das Gericht hatte den Vergleichsvorschlag als Beitrag zum Rechtsfrieden in der Region gesehen, zumal ein Kohleausstieg absehbar sei. Das VG betonte auch, dass in den Verfahren nicht über energiepolitische Fragen zu entscheiden gewesen sei, sondern allein über die Rechtmäßigkeit der erteilten Zulassungen. Rechtsmängel seien hier aber nicht ersichtlich.
Der BUND, der sich in dem Rechtsstreit von Dirk Teßmer vertreten lässt, profitierte von einer erst 2017 in Kraft getretenen Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes. Diese führte dazu, dass die 2015 erhobene Klage nachträglich als zulässig erachtet wurde.
ah/LTO-Redaktion
mit Material von dpa
Redeker Sellner Dahs für RWE Power (Beigeladene):
Dr. Dieter Sellner
Dr. Frank Fellenberg
Dr. Tobias Masing
Dr. Dammert & Steinforth für das Land NRW, Bezirksregierung Arnsberg:
Prof. Dr. Bernd Dammert
Philipp-Gerlach Teßmer für den BUND:
Dirk Teßmer
Redeker Sellner Dahs / Dammert & Steinforth / Philipp-Gerlach Teßmer: . In: Legal Tribune Online, 24.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25697 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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